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Stotzing im Burgenland: Gelände- und Trialfahrer wissen, dass
man im dortigen Offroadgelände Fahrzeuge bis an die Grenzen
ihrer Leistungsfähigkeit austesten kann.
Wo schon die Römer einen Steinbruch betrieben haben und auch
Steine für den Stephansdom gehauen wurden, fahren wir das
Urgestein unter den Allradlern: Den seit fast 60 Jahren gebauten
Land Rover Defender. Im 2007er-Look mit diversen
Verbesserungen.
Das Gelände gehört dem ÖAMTC ... Hausherr und
Chefinstruktor Christian Karlberger, ganz nebenbei der
"Allrad-Guru" Österreichs schlechthin, macht es sich auf
dem Beifahrersitz bequem und lächelt: "Fahren wir ...".
Der brandneue Defender, Modelljahr 2007, setzt sich mit einem
Ruck in Bewegung: Aha ... die Kupplung erfordert noch
immer ein ausgeprägtes Fußballerwadl. Der neue Motor von Ford
mit Common Rail ist überraschend leise - ein wenig vermissen wir
das charakteristische Landy-Verbrennungsgeräusch.
Aufwärts...
Gleich die erste Steilauffahrt: Der Defender rollt im
Standgas himmelwärts. Der neue 4 Zylinder tuckert mit ein paar
Hundert Umdrehungen dahin und liefert dennoch ausreichend Kraft,
dass wir problemlos oben ankommen. Nicht gleich im
Offroad-Himmel. Aber immerhin auf einer spektakulär hohen Kuppe.
Dass der Wagen nicht abgestorben ist, ist leider nicht primär
auf mein überwältigendes Offroadkönnen zurückzuführen: Der erste
Gang ist unglaublich kurz übersetzt - exakt 42 % kürzer als beim
Vorgänger. Ein Drehmoment von 360 Newtonmetern tut sein Übriges.
Und: Ein kleine technische Revolution ist das "Anti-Stall"-System.
Das verhindert, dass der Wagen abstirbt, egal, welche
fahrerischen Fehlleistungen sich der Pilot auch erlaubt. Indem
es einfach ein bisschen Gas gibt, wenn der Motor zu verrecken
droht. Und es wären nicht die Mannen von "ÖAMTC Test und
Training", wenn sie uns dass nicht auch bewiesen hätten: Man
stelle sich vor: Die stellen einen Defender auf die Wiese,
hängen ihm einen 40-Tonner an die Anhängekupplung und starten
den Wagen von außen. Ohne, dass jemand drinsitzt. Die Fuhre
setzt sich von allein in Bewegung und fährt, fährt, fährt. Mit
40 Tonnen hinten dran. Vom Nachmachen wird dringend abgeraten -
aber es funktioniert. So könnte man auch ein Seil um das Lenkrad
wickeln, es durch das Seitenfenster nach außen führen und den
Defender Gassi führen. Ganz unter uns: Auch das funktioniert.
Inwärtig...
Scherze beiseite. Der Defender wurde dort modernisiert, wo er es
dringend notwendig hatte. Im Innenraum zum Beispiel. Selbst Land
Rover Österreich sagt: "Der Defender hat jetzt ein
Armaturenbrett", nicht: "Der Defender hat ein neues
Armaturenbrett". Mit hübschen Instrumenten vom Discovery,
ohne dabei die erdig-ehrliche Optik einzubüßen. Mit
verbesserter Ergonomie und Bedienbarkeit. Die neuen Sitze
sind bequemer, man klebt aber noch immer an den Seitenscheiben.
Die (optionale) Klimaanlage kühlt wirklich - wir konnten
es an diesem 30 Grad heißen Tag beweisen. Und die bessere
Geräuschdämmung ermöglicht Gespräche oder Musikgenuss
auch jenseits einer Geschwindigkeit von 60 km/h.
Das Getriebe ist auch neu - das ist gut für Gelände
und Straße. Der erste Gang wie gesagt kurz und genial für's
Offroaden, der sechste schön gestreckt für vernünftiges
Autobahncruisen.
Abwärts ...
Back to Stotzing. Autobahnen interessieren C. Karlberger nämlich
eher weniger: "Da hinunter" sagt er lapidar. Entschuldigung,
wohin? Da ist außer einem Abgrund ja nix ... Gut, er wird's
schon wissen. Selbst die gewaltige Bodenfreiheit des
Defenders reicht nicht, um ohne Kratzen am Unterboden über die
Kante zu kommen. Dann geht's abwärts. Rechte Hand auf dem
Schalthebel - wenn der Gang raus springt, haben wir's lustig,
bremsbereit geht's hinunter. Nie war der Begriff "Falllinie"
leichter zu verstehen. Der Verdacht, dass uns das Heck - nein,
nicht seitwärts, sondern über das Dach - überholen könnte,
bestätigt sich zum Glück nicht. Ich habe offroadmäßig ja schon
Einiges erlebt, aber das ... Der Defender kommt nicht aus der
Ruhe und führt uns mit fast konstanter Geschwindigkeit bergab.
Zu Fuß hätte man diese Passage nur als ausgebildeter Bergsteiger
geschafft - mit Pickel und Seil. "Bist - du - deppert", hätte
Roland Düringer jetzt gesagt.
Die Fahrt nach unten hat uns nur gebracht, dass wir schon vor der
nächsten Felswand stehen. Ich ahne und befürchte, wie's weiter
geht. Aus Fahrersicht sieht man gerade einmal 2,3 Meter von der
Wand - so steil ist sie. Ohne Anlauf stehen wir 5 Sekunden
später wieder oben. Nicht ganz mit Standgas erklommen, aber
immerhin.
Das Schlammloch dahinter, sicher 60 Zentimeter hoch
(tief?) mit Wasser gefüllt, nehme ich danach beim Durchfahren
kaum mehr wahr. Zum ersten Mal kommt der 2. Gang der
Untersetzung zum Einsatz.
Letzte Abfahrt, direkt davor eine enge 90-Grad-Kurve. Der
Defender kommt schräg zum Abhang zur Kante und zeigt sein
ganzes Verschränkungsvermögen. Dann hebt das rechte
Hinterrad dennoch ab, die Dachkante darüber ist sicher 3 Meter
über Grund. Mit sanftem Gasstoß wird der Wagen in die Falllinie
gelenkt. No problem.
Etappenziel. Jetzt grinst er sogar, der Christian Karlberger:
"Nicht schlecht, was?". Mir läuft der Schweiß von der Stirn -
ist ja auch ein wirklich heißer Tag für's Geländefahren...
Fazit kurz und schmerzlos: Bessere Straßenleistungen, (noch)
besser im Gelände, mehr Komfort. Herz, was willst du mehr. Der
beste Defender aller Zeiten ... hoffentlich nicht der
Letzte.
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