Testberichte
Die neue Mercedes G-Klasse
G bleibt G. Nur besser.
Die Markteinführung der brandneuen Mercedes G-Klasse ist erfolgt. Wir konnten ihn in Südfrankreich ausgiebig testen.
20.09.2018



Schon Anfang 2017 wurde uns von reger Fahrtätigkeit auf dem Schöckl - dem Grazer Hausberg mit der berüchtigten Mercedes-Offroad-Teststrecke - berichtet. Etwas Großes war dort im Entstehen. Die Prototypen der neuen G-Klasse absolvierten ihre ersten Testfahrten. Wie üblich unter strengster Geheimhaltung. Details sickerten damals fast keine durch. Hinter vorgehaltener Hand wurden uns nur einige Komparative geflüstert: Größer, besser, schöner, schneller, komfortabler wäre der Neue im Vergleich zu seinem Vorgänger.

Dieser Testbericht wurde im Zuge unserer Kooperation mit dem A&W-Verlag im "Allradkatalog 2018" veröffentlicht. Der Verlag veröffentlicht auch das mittlerweile seit über 25 Jahren etablierte "4wd-Magazin". Ein einjähriges Gratis-Abo können Sie hier bestellen!

Mercedes G 2018

Schauplatzwechsel, Südfrankreich, Mai 2018.
Wir stehen zum ersten Mal "live" vor dem neuen G. Noch sind es Vorserienmodelle. Mercedes präsentiert der internationalen Presse die ersten G500 und G 63 AMG. Der Diesel ist noch nicht dabei, hier hält sich Mercedes betreffend der Markteinführung noch ziemlich bedeckt: "Zeitnah" werde er den beiden mächtigen Benzinern folgen, mehr ist den Mercedes-Marketingleuten noch nicht zu entkitzeln. Der erste optische Eindruck: Größer, schöner. Schneller, besser, komfortabler auch? Wir stellen ein Fazit nur selten an den Beginn eines Berichtes, aber: Dieses Fahrzeug, das wir da zwischen Perpignan und Carcassonne in den Bergen, am Meer, auf der Autobahn und auch im derben Gelände fuhren, ist der beste G, den es je gegeben hat. Mit Abstand der beste. Die Antwort also: Ja, ja und … ja.

Unverkennbar G
Obwohl wir vor einem völlig neu entwickelten G stehen, ist er unverkennbar einer. Die Karosseriebauer haben den Kubismus perfektioniert, dabei auf avantgardistische Stilzüge – zum Glück - verzichtet. Den Körper des G um etwas mehr als 5 Zentimeter gestreckt. Noch wichtiger: Sie haben Ihn um 13 Zentimeter in die Breite gezogen. Und noch viel wichtiger: Die Spur um 12 Zentimeter erweitert. Das lässt den G viel satter und kurvensouveräner auf dem Asphalt liegen bzw. dahinrollen. Mehr dazu: Später.

Dass es von "Designo Citrinbraun Magno" bis "Meerblau Metallic" elf neue Lackierungen gibt, nimmt man gern zur Kenntnis, ist aber nur ästhetisches Detail.

Innen ganz neu und doch vertraut.
Die Türen ent- und verriegeln noch immer mit diesem hydraulisch motivierten Klacken, als würde eine Schrotkugel die Karosserie treffen. Die Türen schließen noch immer mit einem Geräusch, das an jenes eines Tresors erinnert. Wie schön.

Das große Wow-Erlebnis gibt es nach dem Platznehmen am Fahrersitz. Viel bequemer und komfortabler, größer und moderner wirkt das Cockpit. Die basisklaustrophobischen Anfälle, die man in den Vorgängermodellen mitunter zu erleiden hatte, gehören zum Glück endgültig der Vergangenheit an.

"Wide Screen Cockpit" nennt es Mercedes, dass sich die Kombi- und Rundinstrumente nahtlos und unter einem durchgängigen Deckglas in das Display des Multimediasystems erstrecken.

Mercedes G 2018

On the road…
Die Bergstraßen gleich hinter Perpignan offenbaren es dann: Der G ist endgültig auch zum perfekten Onroad-Mobil gewachsen. Die breitere Spur, der überarbeitete und steifere Rahmen, die neue vordere Einzelradaufhängung sorgen für sänftengleiches, gleichzeitig aber auch strammes Fahrverhalten. Die Windgeräusche konnten dramatisch reduziert werden – erstaunlich ob der Kantigkeit der Karosserie. Im G500 werkt ein 4,0-Liter-V8 mit stolzen 422 PS und 610 Newtonmetern Drehmoment. Bei sachte eingesetztem Gasfuß schnurrt er, zuweilen auch dank der spritsparenden Abschaltung von vier Zylindern. Beim Kickdown hingegen kann er durchaus auch wie der Platzhirsch vom Schöckl röhren. In Fusion mit der neuen, erstaunlich guten 9-Gang-Automatik namens 9G-TRONIC bildet er in Sachen Vortrieb einen im Geländewagen-Segment durchaus als einzigartig zu bezeichnenden Antriebsstrang.

Zum ausschließlichen Röhren bestimmt ist der G 63 AMG. Sein 32-Ventiler, dessen acht Brennkammern ebenso ein Gesamtvolumen von vier Litern aufweisen, leistet schwer fassbare 585 PS und nach weniger fassbare 850 Newtonmeter Drehmoment.

Wir entschuldigen unseren banalen Ausbruch: Das Ding schiebt wie der Teufel. Wem das Standard-Röhren des Aggregates noch zu wenig ist, der kann per Knopfdruck akustisch auch noch eins drauflegen. Wir sind ein paar Kilometer wie die Gangster-Rapper durch die beschaulichen Dörfer des Languedoc gefahren, wir gestehen es.

… and off the road
Während man mit dem G 63 AMG also eher die befestigten Straßen dieser Welt erobert, wählt man für's Gelände vernünftigerweise eher den G500. Der kann onroad wie beschrieben fast genau so viel, ist aber im Gelände ein echter Ausnahmekünstler. Die drei Differenzialsperren seines Vorgängers hat der Neue immer noch, sie sind aber intelligenter geworden: Vor einer schwierigen Geländepassage wählt man die Sperren vor, sie aktivieren sich dann dank elektronischer Intelligenz bei Bedarf. Sprich, wenn die Traktion verloren zu gehen droht. Das ist speziell bei der vorderen Sperre grenzgenial: So kommt man zuerst locker noch um Kurven. Wenn die Geländepassage dann richtig deftig wird, schaltet sie sich - wie die anderen beiden - einfach automatisch dazu.

Mercedes G 2018

Dass eine Geländeuntersetzung weiter mit an Bord ist, sei nur zur Ergänzung angefügt. Neu hingegen ist der "G-Mode". Der schreitet ein, sobald eine der drei Differenzialsperren aktiviert oder Untersetzung eingelegt wird. Er passt die Dämpfung des Fahrwerks, die Lenkung sowie die Gaspedalkennlinie an und vermeidet unnötige Schaltvorgänge.

Mit all diesen Ingredienzen kommt der G im Gelände weiter als alle, wirklich alle anderen Serien-Allradfahrzeuge dieser Welt. Wie wir es von ihm gewohnt sind. Nur: Jetzt geht alles noch besser und deutlich komfortabler.

Wermutstropfen
All den Förstern, Jägern, Expeditionsreisenden oder sonstigen Geländefüchsen mag die neue G-Klasse also wie das absolute Traumvehikel erscheinen. Ist es auch, sagen wir. Nur dass es für die meisten leider auch ein Traum bleiben wird – wegen des Preises. Mindestens 142.490 Euro will Ihnen der österreichische Mercedes-Händler für den G 500 abnehmen, derer mindestens 196.180 für den AMG. Da bleibt nur die Hoffnung auf das unbestätigte Gerücht, dass es den Vorgänger - die 463er-Baureihe – weiterhin als "Professional" geben werde. Aber der ist ja auch nicht ganz billig.




Fotos: GELAENDEWAGEN.AT / Hersteller
Text: GELAENDEWAGEN.AT / Michael Kubicek


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