Tunesien-Abenteuer:
Auf der Suche nach dem Verlorenen See
4. Teil des großen Reiseberichtes von Offroad Hesch ...

 home abenteuer 

22.05.2011

Text und Bilder: Manfred Hesch ( Offroad Hesch)


Teil 1  Teil 2  Teil 3 Teil 4 Teil 5

Wir sind ca. 1 km vor der vermeintlichen Wasserstelle. Ein metallisches Geräusch, als würde etwas mit großer Gewalt auseinandergerissen werden - ein Teil eines Landys, das diese Strapazen einfach nicht mehr mitmachen will - und ein anschließendes kladönk - kladönk - kladönk ... Oh, verdammt - irgendwas ist gebrochen :-( ...

Wir laufen alle bei Jürgens Defender zusammen. Was war passiert? Nach einem kurzen Check stellt sich heraus, das der TD4 offensichtlich nur mehr Vorderradantrieb hat. A lustige Angelegenheit, da wir ja mitten in den Dünen sind. Wir wissen noch nicht, was wirklich defekt ist.

Manfred und Jürgen sehen sich die Bescherung von unten an. Nach der Demontage des Unterfahrschutzes wissen wir alle mehr. Die hintere Kardanwelle ist am vorderen Gelenk komplett abgerissen. Und zwar genau am Schmiernippel des Kreuzgelenkes, quasi eine Sollbruchstelle - das war auch das laute Kladönk - die Karadanwelle hat praktisch "lagerlos" am Unterboden angeschlagen. Ok,was soll's, das Teil muss vorerst mal raus und irgendwie müssen wir das Problem lösen, denn mit Vorderradantrieb spielt sich mitten in den Dünenfeldern rein gar nichts ab. Das ist so, als würd´ man von einem Flugzeug verlangen, ohne Flügel zu fliegen - also, ran an die Arbeit!

Uns ist klar, dass wir diese Nacht wohl hier verbringen werden müssen, was uns aber angesichts der wunderschönen Gegend nicht sonderlich schwer fällt. Jürgen setzt sich noch über unser Iridium Telefon mit der Sud-Assistance (Pannendienst) in Douz in Verbindung. Hassan meint, er habe eine gebrauchte Kardanwelle und wenn er sich um 19.00 Uhr auf den Weg macht, so könne er ca. um 4 bis 6 Uhr morgens mit seinem Unimog bei uns sein. Scheint ja alles in bester Ordnung zu sein, wir können also in Ruhe am Lagerfeuer sitzend unser Bierchen genießen, während sich Hassan mit seinem Unimog den Weg durch die Dünen bahnt. Wir geben noch unsere Koordinaten durch, dann kann ja nichts mehr schief gehen

Hervorragende Stimmung trotz der Panne

 04.11Uhr: unser aller Schlaf ist doch etwas unruhiger als sonst und so schrecken wir alle hoch, als wir Motorengeräusch aus der Ferne vernehmen. Oh ja, es hört sich tatsächlich an wie ein Unimog, der sich über die Dünen quält. Der Schall überträgt sich in dieser endlosen Weite derart gut, daß es noch beinahe eine Stunde braucht, bis dann endlich der Unimog in der Morgendämmerung am Dünenkamm auftaucht. Wir freuen uns riesig!

Hassan und Abdallah gönnen sich noch ein wenig Verschnaufpause, bevor Sie gegen 7.30Uhr ans Werk gehen. Doch als die Beiden die Plane zurückschlagen, trifft uns beinahe der Schlag. Wir hatten einen voll ausgestatteten Pannendienst erwartet, so hatte er am Telefon den Eindruck erweckt.

Doch außer ein Paar Zangen, einigen Hammern und einer Flex mit niedergeschliffener Trennscheibe war nicht sehr viel zu sehen. Ach ja, ein vergammeltes Notstromaggregat war auch noch im Wagen. Egal, wir brauchen ja nur die Kardanwelle. Mit einem Grinsen überreicht uns Hassan die Welle... Oh Gott, ein Teil das mindestens 40 Jahre am Buckel hat und wahrscheinlich von einem Serie Landrover stammt. Hat mit einer TD4 Welle nicht sehr viel gemeinsam. Die Welle ist ja viel zu kurz, das einzige was passt sind die Flansche, da diese nie geändert wurden.

Hassan meint "aus zwei mach eins" wir sollen im vertrauen, er mache das schon. Vertrauen?? Die beiden brauchen anschließend eine Stunde, nur um mal das Notstromaggregat in Schwung zu bringen. Letztendlich gelingt es nur mit einem Startspray von uns und das Aggregat setzt sich endlich wiederwillig in Bewegung. Also, das ist ja schon ne gute Basis. Wir ergänzen uns auf gewisse Art und Weise. Sehr schnell stellt sich raus, das die niedergemergelte Trennscheibe die einzige ist, welche die beiden Improvisierkünstler mithaben. Diese reicht gerade mal, um eine Welle grad noch durchzuschneiden. Was tun wir nun? Der nächste Baumarkt ist ja nicht grad um die Ecke!

Mathias kramt in seiner Werkzeugkiste rum und findet ein Sägeblatt. Mit diesem losen Sägeblatt versuchen die beiden Spezialisten, die zweite Welle durchzuschneiden. Zeit hat in dieser Gegend einen sehr anderen Stellenwert als bei uns, aber die beiden werden sich dabei die Finger "wundsägen".

Immerhin stellen sie einen Freihandsägerekord auf, in nicht mal 40 Minuten ist auch die zweite Welle durchgeschnitten. An Ausdauer mangelt es den beiden nicht ... Hut ab. Jetzt gilt es, die beiden Wellenteile zu verschweißen und dies natürlich mit der selben gewohnten Präzision - da sind wir aber mal gespannt ;-)
Eine normale Sonnenbrille reicht Hassan, um seine Augen beim Schweißen zu schützen. Dem Arbeitsinspektor würd´s a Gänsehaut aufziehen ...

Einfach verdrängen ist unsere Devise, nicht nachdenken, denn so sieht das fertige Ergebnis aus. Uns rinnt der kalte Schauer über den Rücken - dieses schiefe Teil soll sich zum Fortbewegen eignen? Das soll eine Kardanwelle sein, feingewuchtet wie wir es gewohnt sind? Hassan meint, das ist gute Arbeit und bis 80km/h sei das kein Problem. In der Sahara fährt man ja eh nicht schneller. Meint er - er kann das natürlich nicht wissen, so müssen wir halt damit leben und das "veredelte" Stück verbauen. Der Hassan wird's schon wissen, ist schließlich sicher nicht das erste mal dass er sowas macht. Ein wenig improvisieren sind wir ja aus unseren vergangenen Touren längst gewohnt, aber das schlägt einfach wirklich alles Erlebte. Jürgen und Manfred gehen ans Werk und verpflanzen es voll Optimismus in den TD4.

Hassan und Abdallah beschreiben uns anschließend noch die ungefähre Lage der Wasserstelle. Sie kann ja nicht mehr weit weg sein. Wir heften uns noch ein Weilchen an den Unimog. Hassan hatte Recht, die Welle läuft bis 80km/h seidenweich - ist ja kaum zu glauben bei dem schiefen Teil. Unser aller Dank an die beiden, Allah beschütze sie auf ihrem Rückweg. Erst ab 80km/h wird die Welle ruppig. Also fahren wir halt einfach nicht schneller.

Endlich, die Wasserstelle ist in Sicht!!!! Zwei Kinder einer Nomadenfamilie bewachen diese und helfen uns, unsere Wasserkanister aufzufüllen. Es bedarf ein wenig Übung ,den Schöpfsack mit Wasser zu füllen und hochzubringen. Unsere ersten Versuche sind nicht sehr vielversprechend, so überlassen wir dies den beiden Kindern gelernt ist gelernt.


Wir entlohnen die Kinder nicht mit Geld, sondern mit Speisen, Süßigkeiten und Kleidung. Ihre Augen leuchten, denn nur selten kommt hier jemand vorbei. Wir wissen, wie mühsam und hart das Leben der Nomaden hier ist und doch wollen wir nicht einfach ohne erbrachter Leistung etwas verschenken. Doch die beiden haben es sich redlich verdient. Mit gefüllten Wasservorräten machen wir uns weiter auf unseren Weg Richtung Ksar Ghilane. Einige Dünenfelder haben wir bis dahin noch zu überwinden...

Teil 1  Teil 2  Teil 3 Teil 4 Teil 5


Text und Bilder: Manfred Hesch ( Offroad Hesch)

 

Fotos: Offroad Hesch





 
(c) allradnews.at & gelaendewagen.at