Viel Werbung macht BMW derzeit für das Allradsystem "xDrive",
das längst nicht mehr nur den SAVs X3 und X5 vorbehalten ist,
sondern auch in immer mehr PKW-Modellen eingebaut wird. Wie
funktioniert BMWs "intelligentes Allradsystem?
08.01.2006
xDrive ermöglicht die stufenlose und
variable Verteilung der Antriebskräfte zwischen Vorder- und
Hinterachse und soll nun auch im Segment der Allrad-PKWs
neue Maßstäbe in punkto Agilität und Fahrdynamik setzen. Das
System erkennt sofort, wann eine Veränderung der Kraftverteilung
notwendig wird und reagiert in extrem kurzer Zeit, in der Regel
sogar vor einem eventuellen Durchdrehen eines Rads. Dadurch kann
xDrive zum Beispiel beim dynamischen Durchfahren einer Kurve
zu jedem Zeitpunkt die optimale Antriebskraft an die jeweilige
Achse leiten und minimiert so deutlich Unter- oder
Übersteuern. Auf der Straße bietet xDrive damit einen
spürbaren Gewinn an Agilität, Fahrfreude und gleichzeitig auch
an Sicherheit - Fahrwerksregelsysteme wie DSC müssen erst
wesentlich später eingreifen.
xDrive sorgt darüber hinaus auch für besseres Vorankommen auf
unbefestigtem oder glattem Untergrund, da die Kraft in
kürzester Zeit an die Räder mit Grip geleitet wird, wenn an
einem Rad Durchdrehen und damit Traktionsunterbrechung droht.
Der Fahrer profitiert von den Vorteilen des Systems permanent,
da der Kraftfluss kontinuierlich der jeweiligen Fahrsituation
angepasst wird. Ein paar Beispiele dafür:
- Beim Anfahren unter normalen Bedingungen ist die
Lamellenkupplung bis zum Erreichen einer Geschwindigkeit von ca.
20 km/h geschlossen. Damit wird im Anfahrbereich eine maximale
Traktion sichergestellt. Danach verteilt das System die
Antriebskraft variabel zwischen Hinter- und Vorderachse je nach
Fahrzustand und Fahrbahnbeschaffenheit.
- In Kurven verringert das blitzschnelle Umverteilen des
Kraftflusses das Unter- oder Übersteuern: Drängt in der Kurve
das Fahrzeugheck nach außen, schließt xDrive die
Lamellenkupplung stärker und leitet dadurch immer mehr
Antriebkraft auf die Vorderräder. So können die Hinterräder
wieder mehr Seitenkraft aufbauen und das Fahrzeug stabilisiert
sich. Durch die Kombination mit dem DSC erkennt das System die
Übersteuertendenz schon zu einem sehr frühen Stadium und greift
ein, noch bevor der Fahrer die veränderte Fahrsituation
überhaupt bemerkt.
Erst wenn die Gefahr des Übersteuerns durch die variable
Kraftverteilung alleine nicht mehr beseitigt werden kann, greift
das Fahrwerksregelsystem DSC ein. Schiebt das Fahrzeug über die
Vorderachse aus der Kurve, wird diese Untersteuertendenz durch
die Informationen aus dem DSC System erkannt und durch
Reduzierung der Antriebskraft für die Vorderachse kompensiert.
So kann im Extremfall bis zu 100 Prozent Heckantrieb
vorherrschen. Sollte dies nicht ausreichen, tritt auch hier das
DSC System in Aktion. Selbst abrupte Gaswechsel kompensiert
xDrive mühelos: Während zwischen dem Druck auf das Gaspedal und
dem Aufbau eines Motormoments mindestens 200 Millisekunden
vergehen, kann die Lamellenkupplung innerhalb von 100
Millisekunden vollständig geöffnet oder geschlossen werden.
- Beim Fahren mit großem Lenkwinkel und wenig Gas – die
klassische Einparksituation – reduziert sich der Allradantrieb
durch vollständiges Öffnen der Lamellenkupplung bis zum reinen
Heckantrieb. Es gibt weder unangenehme Verspannungen im
Antriebsstrang noch Einflüsse auf die Lenkung.
- An Steigungen mit rutschigem Straßenbelag,
beispielsweise auf Eis oder Schnee wird durch die Sperrwirkung
zwischen Vorder- und Hinterachse das Durchdrehen einzelner Räder
verhindert. Dadurch muss DSC erst bei wesentlich schwierigeren
Fahrbahnverhältnissen Gas wegnehmen oder Räder abbremsen, um den
Kraftfluss anzupassen. Beim Weiterfahren verringert die
Sperrwirkung zudem deutlich die Gefahr des Längs- oder
Seitenkraftverlustes an einzelnen Rädern. Das vermittelt dem
Fahrer ein wesentlich sichereres und agileres Fahrverhalten.
Das Kernstück von xDrive, die elektronisch geregelte
Lamellenkupplung
Verantwortlich für die Fähigkeiten von xDrive ist die
elektronisch geregelte Lamellenkupplung im Verteilergetriebe.
Sie regelt je nach Bedarf den Kraftfluss zur Vorderachse
innerhalb von Millisekunden. In Extremfällen können Vorder- und
Hinterachse dadurch völlig entkoppelt oder starr miteinander
verbunden werden. Die starre Verbindung entspricht dabei der
Funktion einer 100 Prozent Längssperre bei konventionellen
Allradantrieben.
xDrive Kooperation mit DSC
Ein Teil der Performance von xDrive liegt darin, dass das System
auf alle Informationen zurückgreift, die das
Fahrwerksregelsystem DSC anbietet. So wird beispielsweise über
den Gierratensensor die Drehbewegung des Fahrzeugs und über
einen Lenkwinkelsensor der Einschlag des Lenkrads ermittelt.
Zusammen mit den Informationen über Geschwindigkeit aus den
Radsensoren, der Fahrzeugquerbeschleunigung sowie den Motordaten
kann xDrive daraus frühzeitig erkennen, in welcher Fahrsituation
sich das Auto gerade befindet und kann die Antriebskraft
entsprechend zwischen Vorder- und Hinterachse optimal verteilen.
Die Funktion einer Quersperre, also die zwangsweise
Kraftverteilung an beide Vorder- beziehungsweise Hinterräder,
stellt das DSC mit Hilfe des elektronischen Bremseneingriffs
dar: Dreht ein Rad durch, ohne Kraft zu übertragen, wird es
abgebremst. Dadurch verteilt das Differenzial im Achs-Getriebe
automatisch mehr Kraft an das Rad auf der anderen Seite der
Achse.
Das xDrive für die Allrad-PKWs von BMW entspricht in
seinem Prinzip jenem von X3 und X5, wurde in Hard- und Software
aber auf die spezifischen Ansprüche von Personenkraftwagen
adaptiert. So wurde zum Beispiel im 5er-BMW die Antriebskette
des Verteilergetriebes durch ein Stirnradgetriebe ersetzt.