Das war die "Wintertrophy" des Expedition Club Austria
Skepsis, Angst vor der Kälte, Respekt vor unbekannten Offroad-Terrain im Winter, fehlende Motivation, an unbekannte Grenzen zu gehen - mit all diesen Vorurteilen musste unsere erste Wintertrophy fertig werden. Letztendlich haben 5 Teams die Herausforderung angenommen, sich in den verschneiten rumänischen Wald zu begeben. Ein reines Damen-Team (mit der Autorin des Textes, Klaudia Piskorz) war ebenfalls am Start - und belegte den tollen 2. Platz.
18.3.2005
Das Roadbook bestand diesmal nicht nur aus Wegbeschreibungen und Navigationsaufgaben. Es wurde der Entwicklung im Navigationsbereich der letzten Jahre große Aufmerksamkeit entgegengebracht. So wurde diesmal das GPS im Roadbook verstärkt berücksichtigt. Das Roadbook setzt sich somit aus einer Vielzahl von verschiedenen Navigations-Arten zusammen: GPS-Koordinaten, das Ziel mit Kursangabe definieren und auf frei wählbaren Wegen erreichen und schließlich Navigation mit Kompass und Karte.

Geplant waren 4 Etappen; Die Anreise und 3 Geländeetappen mit einer durchschnittlichen Länge von jeweils 40 Kilometern. Geschafft haben wir letztendlich 2 ¼ Etappen mit einer Leistung von insgesamt 50 Kilometern. Fahrerisch war dieser Bewerb mehr als anspruchsvoll, aber ohne Ketten war ein Weiterkommen unmöglich. Wir haben sie am Beginn der 2.Etappe angelegt und im Ziel (kurz vor dem Asphalt) wieder abgenommen.

Samstag, 19 Februar
Die erste Nacht im Winter im Zelt haben wir gut überstanden. Am Vorabend sind wir gegen 23 Uhr im Etappenziel gewesen. Der letzte Abschnitt war durch am Nachmittag einsetzende Schneefälle sehr rutschig geworden. Nachdem alles im Auto verstaut worden ist, packen wir die Ketten aus. Für Alexa und mich das erste Mal, das wir diese anlegen müssen. Ein kurzer Blick auf ein anderes Fahrzeug, eine kleine Hilfestellung bei der ersten Kette und letztendlich keine allzu schwierige Aufgabe. Das einzige Problem ist die fehlende Kraft, die Kette wirklich fest zu spannen.

Roadbookvergabe: Wir bekommen eine Karte, vergrößert kopiert, aber mit einer Maßstabsangabe und einen Routenausdruck von eingespeicherten GPS Koordinaten. Die nächsten Punkte unserer Etappe mussten wir ausrechnen und auf unsere Karte übertragen. Ich machte mich in der Zwischenzeit mit dem Kompass auf den Weg, um zu sehen, in welche Richtungen die 4 Wege von unserem Schlafplatz wegführen. Wir müssen nach Osten. Also Start frei. Wir hatten zwar die letzte Startnummer, fuhren aber trotzdem als erstes Fahrzeug in den richtigen Weg. Ein Weg mit Spuren, wir kamen recht gut voran und waren guter Dinge. Doch nicht so schwierig. An einer breiteren Stelle noch einmal die Ketten nachgespannt, den ersten Navigationspunkt mit dem GPS bestimmt, auf die Karte eingetragen und weiter geht’s.

Ein Fahrzeug hat uns überholt und wir hatten weiterhin eine gespurte Strecke vor uns. Eine Abzweigung, rechts hinauf ein Graben, mehr ein Flussbett als ein Weg. Roadbookmäßig die mögliche Abzweigung. Gibt es einen einfacheren Weg? Wir fahren noch geradeaus, diesmal als erstes Fahrzeug, keine Spuren vor uns. Das erste Stück geht es noch ganz gut vorwärts, dann beginnt der Weg anzusteigen.

Irgendwann schieben wir zu viel Schnee vor uns her. Wieder ein Stück zurück. Schaufel auspacken, einen Teil des Hügels wegschaufeln, weiterfahren. Mittlerweile haben 2 Fahrzeuge zu uns aufgeschlossen. Dann, auf einer Lichtung biegt der Weg wieder in die gewünschte Richtung, aber steil bergauf. Ohne Winde sicher kein Weiterkommen. Wir beschließen zum Flussbett zurückzufahren und uns die Vorarbeit der anderen Teams zunutze zu machen. Aber trotz Zusammenarbeit aller Teams konnte dieser Abschnitt nur mit viel Anstrengung bewältigt werden.

Um einen ungespurten Geländeabschnitt im Schnee zu bewältigen gibt es zwei Möglichkeiten: sich Stück für Stück weiterzukämpfen oder die Seilwinde einzusetzen. Bei ersterer Methode kann man nur mit Schwung den Tiefschnee durchpflügen und den Schnee vor sich herschieben. Wird dieser Berg zu groß und der Schwung zu gering, setzt man in der Spur wieder zurück, um beim nächsten Anlauf wieder ein paar Meter weiterzukommen.

Wird es zu steil, dann hilft nur mehr die Seilwinde. Diese Methode ist körperlich höchst anstrengend, muss ja der Weg zuerst zu Fuß gespurt und das Windenseil den Abhang hinauf zum nächsten Baum gebracht werden.

Kurz vor dem Etappenziel die erste Sonderprüfung. Finde eine Höhle, Kurs: 1780, 1,41 km. Dazwischen ein steiler, bewachsener, tief verschneiter „Hügel“. Zunächst zeichnen wir die Höhle in der Karte ein. Von unserem Standpunkt aus versperrte uns eine Felswand den direkten Weg. 3 Teilnehmer nahmen diesen Weg. Wir gingen die Strasse ein Stück vor und schwenkten bei der ersten Gelegenheit auf südlichen Kurs. Zum Glück hatte ich meine Tourenstöcke dabei, was sich bei dem Anstieg im Tiefschnee als recht nützlich erwies. Die erste Anhöhe hatten wir bezwungen. Laut Karte war es nicht mehr weit. Oben am Kamm entlang oder auf direktem Weg bleiben, das war hier die Frage. Wir entschieden uns für den direkten Weg, der uns aber wieder in eine Senke führte. Noch ein Hügel. Mittlerweile ist es schon dämmrig geworden und die Beine begannen zu schmerzen. Also beschlossen wir umzukehren, bevor uns die Dunkelheit einholte.
Müde, mit nassen Füßen kamen wir am Schlafplatz an. Einen Platz für das Zelt freischaufeln, in dem ich heute alleine schlief. Alexa verbrachte die Nacht unter Sternenhimmel mit Campingbett, Schlafsack und Biwaksack. Ein kräftigendes Nachtmahlessen, Socken wechseln, trockene Schuhe anziehen. Und bald darauf sinken wir in den wohlverdienten Schlaf.

Navigatorisch musste man sich sowohl mit Kartenlesen, GPS und Kompass auskennen und einige bedauerten, sich nicht früher eingehend damit beschäftigt zu haben. Also 25 Minuten sind 21 cm, die Entfernung beträgt 4 km. 1 cm entspricht 0,65 km. So, wie komme ich jetzt auf die richtigen Koordinaten ?!? Das Problem war aber nicht nur diese Umrechnung, sondern auch die Tatsache, dass die Karte und der GPS-Routenausdruck eine andere Umrechnungsformel hat. Da war nicht nur das Verständnis für den Ansatz gefragt, sondern auch Genauigkeit. Natürlich ging es aber auch um den Umgang mit dem Kompass, ums Kartenlesen, die Natur in die Karte übertragen.

Am Sonntag ging es in ähnlicher Manier weiter. Innerhalb aller Teilnehmer wechselte das Führungsfahrzeug immer ab, denn allen war klar, nur gemeinsam war diese Strecke zu bewältigen. Am Anfang dauerte es zwar ein bisschen, die Gruppe zu koordinieren. Aber letztendlich wurde die Bildung einer Gemeinschaft durch diese Aufgabe stark gefördert.

Schwierigste Streckenverhältnisse erfordern hohe Konzentration, viel Ausdauer und vor allem viel Erfahrung im Geländefahren und im Umgang mit Bergehilfen. Wenn man aber überlegt handelt und zusammenarbeitet, kommt es auch zu keinen Schäden am Material.

Eine Kreuzung, bis dahin war das Weiterkommen noch mühsamer als am Vortag. Ein wenig spürt man die Anstrengung in allen Knochen und Muskeln – hätte ich doch vorher ein bisschen mehr für meine Kondition gemacht. Auf der Karte scheint der rechte Weg größer eingezeichnet zu sein, gespurt war er auch. Also entschieden wir uns, gemeinsam mit einem zweiten Team, für diesen Weg.

Ganz gemütlich kamen wir voran. Kurz vor einer Ortschaft wurden die Spurrillen zu tief, also wieder einmal die Schaufel ausräumen und mit dem Bergegurt waren wir bald wieder flott. Bei einer Ortschaft erklärten uns freundliche Einheimische, dass vor ein paar Minuten 4 andere Fahrzeuge durch das Dorf gekommen wären. Also waren wir am richtigen Weg, wenn auch etwas langsamer als die Anderen. Durch den Ort, weiter auf einem mehr oder weniger gut gespurten Weg, einige verwunderte aber sehr, sehr freundliche Einheimische, ein paar schräg abfallende, rutschige Kurven. Eine kleine Bergeaktion und dann haben wir das heutige Ziel erreicht.

Aber damit war der Tag noch nicht zu Ende. Feuermachen. Holz musste aus der Umgebung genommen, Sprit darf nicht als Hilfe verwendet werden. Also kleine, halbwegs trockene Zweige suchen, gar nicht so einfach bei dieser Wetterlage. Eine trockene Stelle für das Feuer. Zum Glück gab es ein paar Heuhaufen und das Stroh eignete sich gut als Unterzünder. Und dann konnte ich zum ersten Mal mein „Metal Match“ ausprobieren, Watte in Vaseline getränkt und siehe da – es funktioniert wirklich. Der Abend klingt dann gemütlich bei einem großen Lagerfeuer aus. Nach einer sternenklaren, dafür aber sehr kalten Nacht, empfängt uns am nächsten Morgen herrlicher Sonnenschein.

Am letzten Tag erwartete die Teilnehmer noch eine sehr schwierige Geländepassage. So schmal, dass die Fahrzeuge gerade noch auf den Weg passten. Seitlichen Spielraum gab es nicht, deshalb kam auch bei den Meisten wieder die Seilwinde zum Einsatz. Leider war der Weg letztendlich umsonst, auf der Anhöhe war dann wirklich Schluss mehr als 1m Schnee zwang die Teilnehmer zum Umkehren. So musste diese Stelle dann auch noch bergab bewältigt werden.

Bei dieser Passage trat der einzige Defekt an einem Fahrzeug auf. Das Stück bergauf fuhr das Fahrzeug problemlos und ohne dabei vom Fahrer gemartert zu werden. Anschließen kam die Winde zum Einsatz. Beim Überqueren des letzten Berghanges wurden plötzlich nur mehr die hinteren Räder angetrieben. Diagnose: gebrochene Steckachse. Dieser Defekt hatte leider die Aufgabe des Teams zur Folge. Da der Weg hinaus durch den Wald noch zum Teil durch ungespurtes Gelände führte, beschloss ein zweites Team das defekte Fahrzeug zu begleiten. Denn ein Weiterkommen ohne Hilfe wäre nicht möglich gewesen.

Kurz vor unserem letzten Schlafplatz trafen wir einen LKW, der seitlich von der Strasse in den Graben gerutscht war. Nichts aufregendes, nur ohne Hilfe war kein Herauskommen. Aber auch mit vereinten Kräften, schafften wir es nicht. So brachten wir zwei Männer zu ihren Häusern, wo sie ihre Bagger holen konnten. Als Dank schaufelten sie uns einen Lagerplatz frei.

Schneefall setzte ein, der dann in der Nacht zum Regen wurde. So ging zwar die letzte Nacht etwas wärmer, dafür um einiges feuchter zu Ende.

Sowohl die Teilnehmer als auch die Organisatoren haben einige Erkenntnisse aus diesem Bewerb gewonnen. Die wichtigsten Ausrüstungsgegenstände für ein Weiterkommen bei diesen Verhältnissen sind Schneeketten, Seilwinde und Schaufeln. Um die Kälte und den Schnee körperlich gut zu überstehen: warme, wasserfeste Kleidung, jede Menge warme Socken, Handschuhe, ein guter Schlafsack, Decken, Unterlagsmatte und vielleicht trockenes Holz für ein wärmendes Feuer bzw. die Fähigkeit auch mit feuchten Holz ein Feuer zu entfachen und am Leben zu halten.

Bei den Veranstaltern ist wesentlich mehr Flexibilität gefragt als in der „warmen“ Jahreszeit, da ein Einschätzen der Streckenverhältnisse noch schwieriger ist. Das Roadbook muss so aufgebaut sein, dass Ziele kurzfristig neu definiert werden können.

Zusammenfassend kann man aber sagen, dass die erste Veranstaltung dieser Art ein Erfolg war. Alle Teilnehmer waren froh, sich dieser Herausforderung gestellt zu haben.

Die Bewertung wurde vor allem von den Navigationsaufgaben und Sonderprüfungen bestimmt, da auf Grund der extrem schweren Verhältnisse auf der Strecke die Teams meist in Gruppen gefahren sind und sich gegenseitig weiter geholfen haben. Mit ein paar kleinen Veränderungen ist diese Wintertrophy ein wirklich interessanter Bewerb, der seinesgleichen in der Szene sucht.


Die ersten 3 Teams:
1. Platz: Michael Waldl / Bernhard Hofstätter auf Landrover Defender
2. Platz: Alexa Obsieger / Klaudia Piskorz auf Toyota Hilux
3.Platz: Rudolf Plenert / Mike Kern auf Mercedes G

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Fotos und Text: Klaudia Piskorz,
proVENTURE





 
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