In den Neunzigern haben Fahrzeuge aus Japan den internationalen
4x4-Markt fast nach Belieben beherrscht. Toyota, Nissan,
Mitsubishi und Suzuki stellten die Topseller in einem Segment,
dem damals noch recht geringe Wachstumschancen eingeräumt
wurden. Ein Geniestreich war dann die Einführung der Sports
Utility Vehicles - mit RAV4, Vitara und Co. wurde ein neues
(Sub-)Segment geschaffen, von dem die Kunden anfangs gar nicht
wussten, dass sie es wollten oder gar brauchten.
Die Freizeitgesellschaft entdeckte diese neue Automobilgattung
dann aber doch sehr rasch für sich, mit ihr ließ sich die
persönliche Unabhängigkeit, Sportlichkeit und Abenteuerlust
vortrefflich dokumentieren. Die SUVs erlebten einen fast
unglaublichen Aufschwung, der bis heute anhält.
Die japanischen Erfinder der neuen Kultmobile sahen sich rasch
mit Konkurrenz konfrontiert. Viele, ja fast alle
Automobilhersteller wollten am SUV-Kuchen mitnaschen. So um die
Jahrtausendwende entwickelten sich dann auch die Südkoreaner zu
einer fixen Größe am Markt.
Bereits vorher hatte der "Ur-Sportage" dafür gesorgt,
dass der Name Kia auch in Europa bekannt wurde. Nach der
erfolgreichen Einführung des Sorento gelang Kia dann im Zuge
einer Kooperation mit Hyundai der große Wurf: Gemeinsam
wurde ein Fahrzeug entwickelt, das Hyundai "Tucson" und Kia -
sich ganz auf die eigenen Wurzeln besinnend - wieder "Sportage"
nannte.
Die Erfolgsgeschichte ist bekannt: Die kleinen koreanischen
Zwillinge stehen in den aktuellen 4x4-Verkaufsstatistiken
ganz oben.
Nicht zu Unrecht, wenn man sich den neuen Sportage ansieht. Zum
Preis eines kompakten Mittelklassewagens erhält man ein
modernes, hervorragend verarbeitetes Allradfahrzeug, das
hundertprozentig den Bedürfnissen der Käuferschicht angepasst
ist: Großstadttauglichkeit paaren sich bei ihm mit
Überlandqualitäten, auch der kleine Offroad-Ausflug zum
Picknick oder ins Jagdrevier lassen sich noch problemlos
bewerkstelligen.
Je nach bevorzugtem Einsatzgebiet kann der Sportage in eher
konservativem Jagd-Grün ebenso geordert werden wie für den
Einsatz im Großstadtdschungel mit peppig orangefarbenem
Interieur. Und alle Farben stehen ihm, dem Sportage. Ganz im
Trend liegt auch die Karosseriegestaltung: Weiche, fließende
Formen prägen sie. Seinem Status, jüngster Spross der
Kia-4x4-Familie zu sein, entspricht er mit der von
hochgezogenen, großen Scheinwerfern dominierten Frontpartie: Da
erkennt man noch das Kindchenschema - dieses Auto mit
seinem freundlichen und sympathischen Auftritt muss man ganz
einfach lieb haben.
Ganz erwachsen gibt sich der Sportage hingegen hinsichtlich
seiner Motorisierung: Der von uns getestete 2 Liter
Common Rail Diesel mit 112 PS ermöglicht flottes Vorankommen
in fast allen Situationen. Mit einem beachtlichen Drehmoment von
245 Nm ab 1.800 U/min ist man onroad alles Andere als ein
Verkehrshindernis. Die einzige Situation, wo es ein wenig zäh
hergeht: Auf Autobahnen, wenn man schon mit jenseits der
100 km/h unterwegs ist und gern noch etwas beschleunigen würde:
Machbar, aber ein wenig Widerwillen seitens des Motors ist dann
schon spürbar. Offiziell ist erst bei 168 km/h Schluss.
Vernünftigerweise wird man sich auf Autobahnen aber mit legalen
Geschwindigkeiten zufrieden gaben. Das schont Nerven und wird
mit moderatem Verbrauch gedankt: 7,1 Liter Diesel auf 100
km/h ist ein Wert, bei dem man sich schon einen anerkennendes
Nicken abringen kann
Wenn wir schon die Verwandtschaft mit dem Hyundai Tucson
angesprochen haben, muss auch das einzige echte Manko des
Sportage erwähnt werden - das einem Genfehler gleich beiden
Fahrzeugen zu schaffen macht: Das Getriebe ist ganz
einfach schlecht zu schalten. Speziell erster und zweiter Gang
lassen sich ab und an nur sehr schwer einlegen. Das ist lästig
und schmälert den Gesamteindruck doch ziemlich. Dabei wäre das
Getriebe gut abgestuft und würde zur Charakteristik und zur Art
der Leitungsentfaltung des Motors gut passen.
Ansonsten verdient sich der Sportage uneingeschränktes Lob, wenn
es um sein Handling geht: Mit einer sehr exakten Lenkung
zirkelt man ihn lässig-locker sowohl durch den Stadtverkehr als
auch über kurvige Landstraßen. Das Fahrwerk ist PKW-ähnlich
straff, grobe Seitenneigungen und Wankbewegungen gibt es nicht.
Die Karosserie ist äußerst übersichtlich. Genial einfach zu
finden und zu bedienen sind sämtliche Hebel, Schalter und
Knöpfe, die der Fahrer während der Fahrt so zu bedienen hat.
Vier Passagiere dürfen sich - für ein Auto mit dermaßen
kompakten Abmessungen - über mehr als ausreichend Platzangebot
im Inneren freuen. Auch der Kofferraum weist noch passable
Abmessungen auf.
Das Allradsystem ist einfach und effizient: "Permanent"
wird es genannt, ist es aber nicht ganz: Unter Normalbedingungen
fährt der Sportage nämlich nur mit Vorderradantrieb. Erst wenn
eines der Vorderräder Traktion einbüßt, wird Drehmoment an die
Hinterräder weitergeleitet. Das passiert so schnell, dass der
Fahrer davon nichts mitbekommt. So betrachtet ist nur die
Verfügbarkeit des Allradantriebes permanent, nicht der
Allradantrieb selbst. Doch das grenzt an Erbsenzählerei. In
Zeiten wie diesen überlässt man halt einfach den elektronischen
Systemen die "Denk"arbeit. Aktiv muss der Fahrer nur dann
werden, wenn es darum geht, mittels des Schalters "4WD Lock"
eine fixe Fifty-Fifty-Drehmomentsverteilung zwischen
Vorder- und Hinterachse zu erzwingen. Dies wird er dann tun,
wenn sich die Schlechtwege ihren Namen verdienen. Zum
"Offroader" fehlt dem Sportage damit zwar Einiges, das viel
propagierte Sicherheitsplus auf wegen ihres Zustandes nicht
alltäglichen Fahrbahnen bietet der Sportage damit aber allemal.
Bleibt der Eindruck eines durch und durch vernünftigen
Allradfahrzeuges, das durch seinen freundlichen Auftritt und
seine Vielseitigkeit viele Pluspunkte sammelt - als
City-Fahrzeug ebenso wie als verlässlicher Begleiter für das
kleine Abenteuer jenseits des Alltags.