Die Zeiten sind vorbei, in denen Pickups reine Arbeitstiere
waren, blattgefedert und mit ruppigen Saugdieselmotoren
ausgestattet fast ausschließlich auf Baustellen und
Bergbauernhöfen anzutreffen waren. Der Trend zu
"freizeitorientierten" Fahrzeugen hat auch vor dem
Pickup-Segment nicht haltgemacht. Was mit der Einführung
straßenorientierter SUVs begann, nun selbst bei "echten"
Geländewagen erkennbar ist, daran können auch die - vorwiegend
japanischen - Produzenten der allradgetriebenen Klein-LKWs nicht
vorbeigehen: 4x4-Fahrzeuge müssen sich primär auf der Straße
manierlich verhalten, weiters ein ausreichendes Maß an Komfort
bieten sowie - und das scheint in der Prioritätenliste immer
mehr nach unten zu rutschen - auch offroad noch bewegt werden
können.
Dies ist ein genereller Trend, der weder dem Hersteller des
aktuellen Testwagens noch sonst einem Produzenten anzulasten
ist. Der Kampf gegen stagnierende Verkaufszahlen wird mit neuen
Produkten bekämpft, die "trendy" sind und einen Hauch Abenteuer
vermitteln sollen. Da haben Hardcore-Fahrzeuge, die nur einen
winzigen Teil der potenziellen Käufer ansprechen, kaum noch
Platz.
Der Pickup Navara "Ultimate" ist ein Fahrzeug, mit dem auch
Nissan diesem Trend Rechnung trägt. Sogar der
Bedienungsanleitung ist zu entnehmen: "Ihr Nissan ist für
Straßen und Geländefahrt geeignet. Allerdings sollten Sie eine
Fahrt durch tiefes Wasser und Schlamm vermeiden, da Ihr Nissan
hauptsächlich für Freizeitgebrauch ausgelegt wurde, und nicht
als herkömmlicher Geländewagen."
Soweit zu diesem Thema. Zum Wagen selbst. Beim "Ultimate"
hat Nissan zum ohnehin schon luxuriösen "Navara" noch einiges an
zusätzlicher Ausstattung dazugepackt: So rollt der Wagen auf
17-Zoll-Leichtmetallfelgen daher, auf denen 255 mm breite
Gummis aufgezogen sind. Für entspanntes Fahrvergnügen sorgt
ein Soundsystem mit 6-fach CD-Wechsler.
Innenausstattung
Die Passagiere können sich im Innenraum des Japaners wohl
fühlen. Dafür sorgt unter anderem ein Klimaautomat. Der Fahrer
greift in ein ergonomisch perfekt geformtes Ledersportlenkrad
und liest die Fahrzeugdaten von weißen, im Dunkeln fast
futuristisch beleuchteten Rundinstrumenten ab. Dennoch
enttäuscht ein wenig der Komfort in der ersten, aber auch in der
zweiten Sitzreihe. Der 5,08 m (!) lange Laster bietet größeren
Fahrern gerade einmal ausreichend Platz hinter dem Volant. Auch
die Passagiere in der 2. Sitzreihe werden nicht gerade mit
üppiger Kniefreiheit verwöhnt. Die Ablagemöglichkeiten lassen
ebenfalls zu wünschen übrig. Kaum einen Platz finden Handy und
Co.
Entschädigt wird man sonst mit der bereits genannten üppigen
Serienausstattung in der Qualität eines Luxus-PKWs, zu der neben
elektrischen Fensterhebern und ebenso verstellbaren
Außenspiegeln auch eine automatisch aus- und einfahrende
Radioantenne zählt.
Die Stoffsitze sind recht straff und geben für einen Pickup
auch ausreichend Seitenhalt. Die Kopfstützen sind - wie leider
bei fast allen Japanern - nicht adäquat einstellbar.
Auf der Straße
Auf der Straße kommt zum Tragen, was eingangs erwähnt wurde: Der
Trend zum freizeit- und straßenorientierten 4x4 kommt dem Fahrer
hier zugute: Für einen Wagen, der vorne mit Drehstab- und hinten
mit Blattfedern ausgestattet ist, bietet der "Navara" fast
unglaublich gute Federungseigenschaften. Unebenheiten werden
sensationell ausgefiltert - einzig bei kurzen, tiefen Löchern
gibt das Fahrwerk einen ebenso kurzen und heftigen Stoß an die
Passagiere weiter. Unterstützt von den breiten, deutlich
straßenorientierten Reifen und dem tollen Motor fährt man ein
Fahrzeug, das man fast sportlich über Österreichs Landstraßen
bewegen kann.
Motor
A propos Motor: Die werte Leserschaft möge die Verwendung von
Superlativen dulden: Der 2,5 Liter große Turbodiesel mit
Direkteinspritzung ist das Beste, was man in einem Diesel-Pickup
in Österreich gegenwärtig bekommen kann. Das 133 PS starke
Aggregat mit 305 Nm ist sehr kräftig und hängt unglaublich
gierig am Gas. So gierig, dass man meint, in einem Wagen mit
deutlich hubraumstärkerem Motor zu sitzen. Damit hält man im
normalen Straßenverkehr mehr als locker mit. Werksseitig wird
die Höchstgeschwindigkeit mit 160 km/h angegeben - wir können
nur sagen: Ja, machbar, spielend leicht sogar ... Note "Sehr
Gut" ohne jede Einschränkung in dieser Disziplin für den Navara.
Offroad
Wie testet man einen Wagen abseits befestigter Straßen, in
dessen Bedienungsanleitung sich der eingangs erwähnte Satz
"...hauptsächlich für den Freizeitgebrauch ... usw." findet ?
Die Antwort: Vorsichtig. Denn der Navara ist - zumindest in der
"Ultimate"-Variante - kein Geländewagen mehr. Warum nicht?
Weil der Wagen mit einem für die kalte Jahreszeit nur
bedingt, für den Offroad-Einsatz kaum geeigneten Reifen
ausgeliefert wird, der schon auf weicher Schnee-Decke Probleme
hat. Weil der Wagen relativ lange, chromgeschmückte Überhänge
hat. Weil die seitlichen Trittbretter im Gelände schnell Schaden
nehmen könnten. Weil der Wagen eine Getriebe hat, das in der
Untersetzung länger ist als jenes seiner Mitstreiter. Weil der
Wagen mit seiner gewaltigen Länge nur bedingt übersichtlich ist
und einen sehr großen Wendekreis hat.
Zur Ehrenrettung von Nissan sei gesagt: Verzichtet man auf
optischen Schnickschnack und montiert eine vernünftige
Reifen-/Felgenkombi, kann der Pickup Einiges. Diverse "Hills&Stones"-
bzw. "Nissan Offroad"-Events haben dies eindrucksvoll bewiesen.
Fazit
Der Nissan Navara Pickup "Ultimate" hat mit seiner gediegenen
Ausstattung und seinem exzellenten Motor einem
freizeitorientierten Publikum viel zu bieten. Dieses wird auch
die PkW-ähnlichen Fahreigenschaften gepaart mit dem hohen
Nutzwert (Ladefläche 1,39 m !) zu schätzen wissen. Abstriche
muss man beim Platzangebot im Passagierraum und der
eingeschränkten Offroad-Eignung hinnehmen.
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