Disco-Hit für das 21. Jahrhundert: Der Land Rover Discovery 3 im Gelände-Test
Land Rover zeigt den Weg in die Offroad-Zukunft, der mit dem Discovery 3 gleichermaßen über asphaltierte Straßen wie auch durch schwierigstes Gelände führt.
04.12.2004
Und zeigt auch gleich allen anderen 4x4-Herstellern, wo's lang geht und was an Geländewagen-Technik "state-of-the-art" ist. Ein derartiges High-Tech-Feuerwerk, um dem Fahrer die Fahrt durch urbanen und echten Dschungel so einfach und bequem wie nur irgendwie möglich zu machen, findet sich bis jetzt nämlich nur im neuen Briten.

Land Rover spielt das Disco-Wunschkonzert und zieht dabei alle - elektronischen - Register: Der Fahrer wünscht, der Wagen spielt. Gerade einmal zwei Wippschalter und ein Drehknopf an der Mittelkonsole führen zur Offroad-Glückseligkeit: Mit den Wippen wählt man die Getriebeuntersetzung und regelt das Niveau der Luftfederung, mit dem Drehknopf bedient man das "Terrain Response System" und teilt dem Wagen so mit, welchen Weg man einzuschlagen gedenkt. Der Wagen reagiert darauf, indem er Schaltvorgänge und Gasannahme individuell einstellt sowie die Federung und Differenzial"aktivitäten" regelt.

Im neuen "3er-Disco" kommen britische sowie - aus rot-weiß-roter Sicht besonders erfreulich - österreichische Fahrzeugtechnik vom Feinsten zum Einsatz: 2 Motoren, ein Sechszylinder-Turbodiesel mit satten 190 PS und ein V8 mit nicht weniger als 299 PS aus dem Hause Jaguar werden angeboten, beide garantieren mehr als standesgemäßes Vorwärtskommen auf der Straße. Ihre unbändige, aber stets souverän abgegebene Kraft hat unter anderem ein Verteilergetriebe aus dem Hause Magna unter Kontrolle und letztlich auf die Straße zu bringen - und löst diese Aufgabe im Zusammenspiel mit dem von uns getesteten 6-Gang-Automatik-Getriebe famos.

Die Kombination dieser Aggregate mit der hervorragenden Luftfederung, dem exzellenten Raumangebot und den Luxus-Features im Innenraum machen den Discovery zum perfekten Begleiter auf allen befestigten Straßen.

Solche Nobel-Hobel sind fürwahr selten im Gelände anzutreffen - obwohl Land Rover immer festgehalten hat, dass der Discovery im Gelände zumindest gleich gute Figur wie auf Asphalt macht. Dem sind wir auf den Grund gegangen - und fanden die Aussage letztlich mehr als bestätigt.

Andreas Piskorz, Chef von Proventure, hat aus dem Wagen offroad das Letzte herausgeholt und war - diese Interpretation sei erlaubt - verblüfft vom Können des Neuen. Hier sein detaillierter Offroad-Testbericht:

"Der permanente Allradantrieb im Discovery wird über ein völlig neuartiges Verteilergetriebe von „Magna“ realisiert. Die Antriebskraft wird in Zusammenhang mit dem Terrain Response System („TRS“) und den Umfeldinformationen der Sensoren elektronisch angesteuert und verteilt das maximal benötigte Drehmoment auf die Achsen und Räder, die gerade die Kraft benötigen. Dabei schaltet das Verteilergetriebe stufenlos und sperrt je Geländesituation zwischen 0 und 100%. In Kombination mit dem optionalen Hinterachs-Sperrdifferential ist wahrscheinlich gerade diese Neuentwicklung ausschlaggebend für die extremen Leistungen des „Disco 3“ im schweren Gelände.

Terrain Response System
Die Idee von Land Rover ist, mit diesem System es Laien und wenig erfahrenen Piloten zu ermöglichen, mit einem schweren, komfortablen Allroundfahrzeug auch in schwierigen Geländesituationen möglichst sicher unterwegs zu sein und einfach voranzukommen.

Dies ist meiner Meinung nach sehr gut gelungen, da im Vergleich zu anderen Fahrzeugen die Geländefunktionen den Eindruck hinterlassen, nicht als „Alibi“ oder „Nebenfunktion“ eingebaut worden zu sein, sondern sie dienen als Hauptzweck für das Fahrzeug.

Je nach gewähltem Modus, wird spezifisch für den erwarteten Untergrund die Luftfederung in Niveau und Federungshärte verstellt. Ebenfalls wird die Motorcharakteristik im Drehmomentverlauf, die Gasannahme und die Geschwindigkeit der Bergabfahrhilfe (HDC) angepasst – und das funktioniert wirklich!

Die verschiedenen Betriebsmodi im Einzelnen:

„Schnee, Schotter & Gras“
Hier verhält sich die Gasannahme alles andere als sportlich, sie reagiert nur zögernd auf den Befehl des Gasfußes. Mit dieser Einstellung lässt sich der „Disco 3“ sehr gemütlich und weich über die rutschigsten Passagen bewegen, und zeigt auch bei leichten Unebenheiten ein williges Einlenken und eine gewisse Kurvenstabilität. Bei Schrägfahrten im Standgas bricht das Heck aus, wie bei jedem Fahrzeug. Wenn man angepasst (etwas schneller) fährt, versucht die dynamische Stabilitätskontrolle (DSC) ein „Wegschmieren“ zu verhindern. Doch auch hier können die Grenzen der Physik nicht überwunden werden. Für Steilhänge ist dieser Modus nur bedingt einsetzbar, da das Mitteldifferential zwar gesperrt wird, jedoch die Traktionskontrolle dem Fahrzeug zu viel Kraft nimmt und der „Disco 3“ trotz Vorwärtsgang (Drive – Automatik) kontrolliert mit dem HDC zurückfährt. Das HDC schaltet sich bei Wahl dieses Modus automatisch ein.

„Spurrillen & Schlamm“
Sobald es im „richtigen Gelände“ etwas rutschiger wird, ist diese Einstellung zu bevorzugen. Sowohl bergauf als auch in der Ebene versucht die Elektronik bei Schlupf der Räder nicht nur über das übliche „Radbremsen“ mittels Traktionskontrolle mehr Traktion aufzubauen, sondern bezieht alle Komponenten, die im Gelände wichtig sind, wie z.B. Mitteldifferentialsperre, Federung und optional die Hinterachssperre, mit ein. Für den Fahrer bedeutet das, wenn der Disco stecken zu bleiben droht, einfach Gas geben und abwarten. Zuviel Gas zu geben ist dabei nur sehr schwer möglich. Meist befreit sich das Fahrzeug von selbst. Bei unseren Versuchen in tiefen, schlammigen Spurrillen bei ca. 30° Steigung mit Serienbereifung voranzukommen, war ich sehr erstaunt darüber, wie leicht das gegangen ist.

Anmerkung für geübte Geländefahrer: Eine Umstellung des Fahrstils ist erforderlich, denn Hilfeversuche wie „stoßweises Gasgeben“ und „Befreiungslenken“ darf in diesem Modus nicht praktiziert werden, sonst geht nichts mehr.

Auch hier ist das „Hill Descent System“ automatisch aktiviert. Man kann zwar manuell zwischen 3 bis 6 km/h Abfahrtsgeschwindigkeit wählen, wenn jedoch ein rutschiger Boden bei Überbremsen des HDC den „Disco 3“ zum Ausbrechen bringen würde, wird automatisch auf die niedrigst mögliche Geschwindigkeit beschleunigt, so dass das Fahrzeug stabil bleibt.

Sand
Das ist die einzige Einstellung, in der das TRS das HDC nicht automatisch aktiviert. Das ist auch gut so, denn wer schon einmal eine lange, steile Düne bergab gefahren ist, weiß, wie „ungesund" das sein kann, wenn sich das Fahrzeug automatisch einbremst und man vom rutschenden Sand überholt wird. Da ich nicht die richtigen Bedingungen für diesen Betriebszustand hatte, habe ich diese Einstellung lediglich auf einem trockenen, lockeren Lehmboden im Zuge einer Steilauffahrt getestet. Dabei ist die „Klettereigenschaft“ vergleichbar mit dem „Schlamm & Spurrillen“- Modus, jedoch verhält sich die Gasannahme weit aggressiver und bei beherztem Gasgeben schaltet der Automatikwandler in den nächsten Gang. Im Sand OK, auf lockerem, steinigen oder rutschigem Terrain ist diese Aktion nicht gut. Außerdem wird das Fahrzeug (ohne HDC) an der Haftgrenze ohne Traktion nicht mehr kontrolliert und das Fahrzeug rollt ungebremst (weil ABS) verkehrt den Hang hinunter. Dabei ist es mir sogar gelungen, den Motor trotz Automatik abzuwürgen, was dann besonders heikel wird, weil sowohl Bremskraft als auch Lenkunterstützung fehlen. Fazit: Sandmodus auch nur im Sand verwenden !

Geröll - Kriechgang
Eine sehr interessante Einstellung, die einem glauben lässt, mit dem Drehen am TRS-Regler das Auto gewechselt zu haben. Das Gas reagiert extrem unempfindlich und man muss fest ins Pedal steigen, damit der „Disco 3“ langsam und gemütlich anrollt. Die Luftfederung stellt auf „Luftausgleichsfederung" um. Beim Durchfahren unserer extremen Verschränkungspassagen wurde die überschüssige Luft der Feder des einfedernden Rades nicht wie sonst ausgelassen, sondern zusätzlich in die Feder des ausfedernden Rades gepumpt. Dadurch wurde die „Verschränkung“ verbessert und der Bodendruck des ausfedernden Rades erhöht, was zu einer maximalen Traktion führte - und das spürt man! Auch die Bodenfreiheit wurde dadurch weiter erhöht. Spätestens jetzt erkennt man den Vorteil einer intelligenten Unterkonstruktion. In der Mitte zwischen den Achsen ist der Unterboden mit einer Rutschwanne abgedeckt, die nach oben gewölbt ist und somit noch mehr Bauchfreiheit bei spitzen Kuppen bringt. Die Klartext- Anzeige am Fahrerdisplay schreibt jetzt „Aufhängung im erweiterten Modus, nach passieren des Hindernis Höhe zurücksetzen“. Dies ist auch unbedingt erforderlich, damit die Fahrsicherheit weiter gegeben ist. Wenn ein Weiterkommen nicht mehr möglich ist, weil z.B. die Räder des Fahrzeuges durchdrehen, wenn das Fahrzeug an einem Hindernis ansteht, wird der „Disco 3“ eingebremst. Das funktioniert auch bei Steigungen bis 100%, solange die Traktion reicht. Das birgt natürlich auch eine gewisse Gefahr. Bei sehr rutschigem, steilen Untergrund kann das Auto abrutschen und ausbrechen, bevor das HDS ein kontrolliertes Zurückfahren ermöglicht. Der Kriechgangmodus hilft aber nicht nur bei sehr ruppigen Terrain, sondern auch auf rutschigen Wegen mit tiefen ausgewaschenen Löchern, kontrolliert und ohne Versatz, also spurtreu, vorwärts zu kommen.

TRS – abgeschaltet
Auch das ist möglich. Hier darf der Pilot wieder selbst agieren. In diesem Fall fährt sich der „Disco 3“ sehr angenehm und braucht die Hilfe eines erfahrenen Piloten, wie bei jedem anderen Geländewagen auch. Die Höheneinstellung und das HDC können manuell gewählt werden, ABS, DSC und elektronische Differentialsteuerung bleiben aktiv. In manchen echten Extremsituationen, kommt der erfahrene Offroader mit seinem Geschick und Gefühl noch ein Stückchen weiter als mit „TRS“.

Zweifelsohne ist das Herzstück des Discovery 3 das neu entwickelte, stufenlos schaltbare, elektronisch angesteuerte Verteilergetriebe in Kombination mit dem „Terrain Response System“ und der Luftfederung mit Luftausgleichsschaltung, ausschlaggebend für die herausragenden Klettereigenschaften!

Das unterschiedlich Ansprechverhalten des Motors, sowie die differenzierte Gasannahme ist das Erste was einem auffällt, wenn man in den verschiedenen Modi des TRS fährt. Ich hatte jedoch den Eindruck, dass das veränderte Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten im jeweils gewählten Modus fast immer das Optimum aus dem Auto in der jeweiligen Situation herausholt. Eines kann ich auf jeden Fall bestätigen, dass Laien mit dem „Disco 3“ tief in schweres Gelände eindringen können und die Gefahrengrenze weit nach oben verschoben wird. Dabei ist ein gewisses Maß an Selbstverantwortung erforderlich. Denn diese Leichtigkeit, mit der das Fahrzeug schwierigste Stellen passiert, macht es einem Anfänger schwer, die physikalischen Grenzen rechtzeitig zu erkennen. Der Umgang mit diesem Fahrzeug sollte also entweder gelernt, jedenfalls aber genau überlegt sein.

Ich konnte bereits einige moderne Geländewagen der so genannten „Premiumklasse“ in meinem Offroad Training Center testen und habe noch kein Serienfahrzeug mit einer solchen Geländeperformance mit derartiger Leichtigkeit über die schwierigsten Stellen gefahren, wie den Discovery 3. Hinzu kommt noch der Eindruck, dass der „Disco 3“ für den Einsatz im Gelände gebaut worden ist und mit den Anforderungen nicht überfordert ist.

Bleibt nur noch zu hoffen, dass die zweifellos intelligente Elektronik, die in so viele Systeme eingreift, soweit ausgereift ist, dass sie auch einige Jahre des Offroad-Einsatzes übersteht.

proVENTURE-Chef Andreas Piskorz
und Michael Kubicek (gelaendewagen.at )
mit ihren ersten Discovery-Erfahrungen
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Land Rover Discovery 3:
Daten und Fakten


Motoren:
TDV6: Common-Rail-Dieselmotor mit variabler Turbogeometrie, 2.720 cm3, 190 PS, 440 Nm bei 1.900 U/min
V8-Benzinmotor: 32 Ventile, 4.392 cm3, 299 PS, 425 Nm bei 4.000 U/min

Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h (TDV6), 195 km/h (V8)

Getriebe: 6-Gang-Schaltgetriebe (nur für TDV6) oder 6-Gang-Automatik

Länge/Breite/Höhe: 4.835/2.119/1.830 mm

Gewicht: je nach Ausstattung 2.494 bis 2.704 kg

Radstand: 2.885 mm

Wendekreis: 11,8 m

Bodenfreiheit: 185 mm onroad, 240 mm offroad

Böschungswinkel: vorne 37,2, hinten 29,6 Grad

Rampenwinkel: 27,9 Grad

Max. Wattiefe: 700 mm

Ladekapazität: 1.192 l hinter 2. Sitzreihe, maximal 2.558 l

Tankinhalt: 88 l

Verbrauch (kombiniert): 9,4 l /100 km (TDV6 mit Schaltgetriebe, 10,4 l (TDV6 mit Automatik), 15,0 l (V8)

Bremsen: vorne und hinten Scheibenbremsen

Ausstattung: Drei Ausstattungsvarianten S, SE und HSE

Preise:
TDV6 "S" mit Schaltgetriebe € 45.800,--
TDV6 "SE" mit Schaltgetriebe € 51.200,--
TDV6 "HSE" mit Schaltgetriebe € 57.200,--
TDV6 "S" mit Automatik € 48.720,--
TDV6 "SE" mit Automatik € 54.167,--
TDV6 "HSE" mit Automatik € 60.219,--
4.4 V8 "SE" mit Schaltgetriebe € 62.400,--
4.4 V8 "SE" mit Automatik € 62.400,--
4.4 V8 "HSE" mit Automatik € 68.400,--
(alle Preise inkl. NoVA und MwSt.)

 
Text und Fotos: proVENTURE, gelaendewagen.at





 
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