GELAENDEWAGEN.AT Blog
ONE Trophy
Nur dabei statt mittendrin
Mit mehr oder weniger unbedeutenden Aufgaben betraut, konnte ich die ONE-Trophy 2014 in den rumänischen Karpaten ganz, ganz unbeschwert genießen.
26.06.2016
Wie ich da so - ganz in mir selbst ruhend - im Campingsessel sitze, den Kopf an die Fahrertür des Hilux gelegt, juckt es mich an der linken Schulter. Im Versuch, dem mit der rechten Hand in reibenden Bewegungen - auf und ab - entgegen zu wirken, rubble ich mir schwarze Krümel von der Haut. Ich bin dreckig. Habe mich seit drei Tagen nicht mehr gewaschen. Den Traum von einer Dusche habe ich längst verdrängt. Wurscht. Ich mache mir mit dem bekannten "Knatsch" eine Bierdose auf und genieße die Sonne.

Die Karawane der Teilnehmer der ONE-Trophy ist längst in die dritte Tagesprüfung gerollt. Ist ganz im Stil des Monty Pythons Sketches des "100-Meter-Laufes der Orientierungslosen" in aller Früh in alle Richtungen ausgeschwärmt.

Jetzt ist es ganz ruhig im Basislager. Hier gibt es nur Wald, Gras und ein von der Orga gegrabenes Dixi-Klo, idyllisch an einer Flussbiegung gelegen, etwas abseits des Camps. Zwanzig Meter davor ein Schild an einem Ast, das man von "frei" auf "besetzt" drehen kann. Kacken in seiner (fast) urprünglichsten Form. Bezwitschert von Vöglein, manchmal schaut auch ein Hase vorbei. Der wundert sich dann.

Als Crew-Mitglied habe ich - jetzt, wo alle weg sind - alle Zeit dieser Welt, hier, in den wunderbar-waldig-unbewohnten Bergen Rumäniens. Solange, bis die irren Trophy-Teilnehmer am Abend wieder - vollgepackt mit Abenteuer-Geschichten des abgelaufenen Tages - heimkehren werden. Heimkehren heißt in diesem Fall: Zurückkommen auf die Lagerwiese. Dann werden die Zelte neu aufgebaut, die Lagerfeuer entzündet. Die Autos einer Inspektion unterzogen. Und dann wird auch oft wieder das Knatschen der Bierdosen zu hören sein.

Gestern, als die meisten Trophy-Teilnehmer sich schon in ihre Zelte verzogen hatten, waren Kühe des Weges gekommen. Ein wenig irritiert. Ihre sonst so einsame Weidewiese von wilden Geländewagen, Zelten und sanft verglimmenden Lagerfeuern besiedelt. Eine von ihnen, offensichtlich noch dämlicher als die anderen, hatte an einem der Feuer an den heißen, rauchenden Plastikresten geknabbert. Mit gutem Zureden und zuletzt Brachialgewalt hatten wir es gemeinsam mit der steinalten Kuhhirtin schließlich geschafft, sie vom Feuer wegzubekommen.

Heute morgen dann stand ein wunderbarer Steintopf mit frischer Kuhmilch vor meinem Zelt. Der Dank der Hirtin. Ich trank die noch warme Milch in Demut. Nahm meinen Campingesessel und lehnte mich mit dem Kopf an den Hilux.

Lange nach dem Frühstück sitze ich immer noch hier, inzwischen mit meiner Dose Bier. Peter kommt vorbei, gemeinsam mit seiner Tochter angereist. Er ist auch "passiv" hier, also nur Crew-Mitglied. Eigentlich trägt er zur Orga gar nichts bei. Will nur Spaß haben, sorgt aber immerhin auch für Spaß im Camp.

Wir beschließen einen Ausflug mit dem Hilux. Wollen den höchsten aller Kontrollpunkte der Trophy mittels Roadbook erreichen. Wir packen flüssige Vorräte ein und fahren los. Quer durch die Karpaten. An einem bösen Waldweg stoppen wir an einer "heiligen" Quelle. Sie ist oval-steinumrahmt und sieht aus wie ein Wasserklo. Wir brüllen vor Lachen und erörtern ihre Vorteile gegenüber dem Dixi im Camp.

Wir schaffen es wirklich zum höchsten Kontrollpunkt der Trophy. Als wir aussteigen, hier in der unglaublichen Einsamkeit der rumänischen Karpaten, lachen wir immer noch. Ein ebenso einsamer Schafhirte packt unseren Auftritt nicht so wirklich. Da kommt ein Hilux am Gipfel an und es fallen drei gröhlend-lachende Freaks aus dem Auto. Wir beruhigen ihn, indem wir ihm unsere letzten Bierdosen spendieren.

Einige Teilnehmer waren schon hier, andere kommen noch. Auch ein völlig entnervtes und abgekämpftes deutsches Team mit zwei Pinzgauern. Sie sind glücklich, den Kontrollpunkt erreicht zu haben. Als sie uns hier oben, fröhlich, glucksend, lachend antreffen, sind sie ganz schnell wieder entnervt.

Wir fahren zurück. Sind noch vor den Teilnehmern wieder im Lager. Die Kühe sind auch schon da. Eine davon knabbert genüsslich an den Plastikresten im Lagerfeuer. Wir verscheuchen das Trotteltier sanft und letztlich mit Erfolg. Ich gehe dreckig und glücklich schlafen. Am nächsten Morgen steht ein Steinkrug mit frischer Milch vor meinem Zelt.

Ach ja: 2016 gibt es wieder eine ONE-Trophy. Zum ersten Mal findet sie in der Ukraine statt. Details dazu gibt es auf der Webseite der Veranstalter.

Fotos: GELAENDEWAGEN.AT
Text: Michael Kubicek


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