Acs, Ungarn. Im wunderschönen Offroadcenter "ORCA"
stehen wir vor einem Fahrzeug, das schon auf den ersten Blick
als kompromissloses Geländegerät zu erkennen ist: Dem Polaris
Ranger RZR 800 S. Ein "Side-by-Side-Quad" - bei dem
Fahrer und Beifahrer wie in einem Auto nebeneinander sitzen.
Ein extrem kurzes Gefährt mit kaum Karosserieüberhängen und
richtig viel Bodenfreiheit. Die beiden Passagiere sitzen in
sportlichen Schalensitzen, wahlweise werden sie von
Dreipunkt- oder Hosenträgergurten gesichert. Ein mächtig
dimensionierter Überrollkäfig sorgt zusätzlich für
Sicherheit. Die groben Geländereifen lassen ebenfalls
keinen Zweifel an der Widmung des Fahrzeuges.
Gregor Lehner, Inhaber der Offroad-Schmiede KFZ Lehner
und seit kurzer Zeit Händler für Polaris-Quads, hat uns zum Test
eingeladen. Er nennt die Side-by-Sides die Hoffnung des
Offroad-Sports. Und er könnte Recht haben: die echten, ehrlichen
Geländewagen sterben langsam aber sicher aus. Die Fahrzeuge, die
heute bei Veranstaltungen zum Einsatz kommen - Suzuki, Land
Rover, Puch und wie sie alle heißen - haben meist schon viele
Jahre auf dem Leiterrahmen. Side-by-Sides könnten die
Alternative sein.
Dass sie auch im Gelände eine mehr als nur ernstzunehmende
Konkurrenz sind, hat uns unsere Testfahrt eindrucksvoll
bewiesen. Doch der Reihe nach.
Der Ranger RZR 800 S ist 2,62 Meter kurz und 450 Kilogramm
leicht. Bei einem Radstand von 1,92 Meter bleiben kaum
Überhänge, zwischen den Achsen bietet sich aber mehr als
ausreichend Platz für die Passagiere. Der von Polaris
eigenentwickelte Motor hat 760 Kubikzentimeter und in der
straßenzugelassenen, gedrosselten Variante knapp 20 PS. Ohne
Drosselung darf das Aggregat 53 PS leisten - mehr als
ausreichend Power für ein so leichtes Fahrzeug.
Im "Innenraum" - unser Testfahrzeug war mit optionalen
Türen aus hochfestem Kunststoff ausgerüstet - bietet der Ranger
überraschend viel Platz. Dem Fahrer wird ein Arbeitsplatz wie in
einem PKW geboten - mit Lenkrad, Brems- und Gaspedal. Am
Armaturenbrett findet sich ein zentraler Tacho, dazu Anzeigen
für Wasser- und Öltemperatur.
Wir quälen uns in den Motorradhelm. Der ist zwar nicht
verpflichtend, bei Offroadfahrten aber zu empfehlen - allein
schon wegen der fehlenden Windschutzscheibe. Mittels Dreh am
Startschlüssel erwacht der Polaris-Motor zum Leben. Er klingt
rau und kratzbürstig - optimal also für ein Offroadgerät. Ein
Gangeinlegen entfällt, der Ranger ist mit Automatik ausgerüstet,
da erlaubt eine volle Konzentration aufs Fahren.
Die ersten Meter legen wir auf einem Feldweg zurück. Der Motor
pfaucht schon bei vergleichsweise niedrigen Geschwindigkeiten,
treibt uns aber erstaunlich flott voran. Sofort fällt uns das
exzellente Fahrwerk auf - es bügelt grobe Wellen aus dem
Feldweg, als wären sie nicht vorhanden.
Das Drehmoment ist so hoch, dass sich das Polaris mühelos
in Drifts zwingen lässt. Die sind trotz des kurzen Radstandes,
wohl aber auch wegen des sandigen Untergrunds in Acs
überraschend einfach zu beherrschen.
Nach vorsichtigen Anfangsminuten werden wir etwas mutiger. Dank
des permanent gesperrten Differenzials an der Hinterachse,
dem zuschaltbaren Allradantrieb, dem selbstsperrenden
Differenzial an der Vorderachse und den tollen Reifen gibt es
fast kein Hindernis, das wir nicht überwinden können. Die
optionalen Schutzbleche für den Unterboden erlauben uns,
gefahrlos über Kuppen zu rutschen, die Bodenfreiheit von 32
Zentimetern entschärft selbst tiefste Spurrillen. 30 Zentimeter
Federweg an den Achsen sind nicht übermäßig viel, sorgen aber
zusätzlich für Traktion.
Wir meistern sandige Passagen in Rallye-Manier, driften locker
durch Kurven und erklimmen steilste Anstiege. Dort, wo wir mit
dem Polaris hinkommen, ist noch selten ein Geländewagen gewesen.
Erstaunlich. Die tiefen, schlammigen Spurrillen in den Auwäldern
in Acs stellen kein Problem dar. Hängt man doch einmal - das
kann eigentlich fast nur passieren, wenn alle 4 Räder
Bodenkontakt verloren haben - hilft die Warn-Seilwinde, die
Gregor Lehner an der Front verbaut hat. Ach ja: Am
Automatikwählhebel kann auch eine Untersetzung eingelegt
werden. Für langsamstmögliches Klettern im schwierigsten
Gelände.
Fahren im Quad ist anstrengend und fordernd. Bei Steilabfahrten
sollte man mit dem linken Fuß mitbremsen und ein wenig Gas
geben, um ein Auskuppeln und den Verlust der Motorbremswirkung
zu vermeiden. Servolenkung: Fehlanzeige: Das kleine Lenkrad will
kräftig gehalten werden, sonst biegt die Kiste beim nächsten
überfahrenen Stein unvermittelt ab. Der Dreck fliegt einem um
die Ohren, es ist laut und schmutzig. Aber auch schnell, cool,
faszinierend. Leider geil, halt. Warum eigentlich leider?