Reisebericht: Albanien
4x4-Reisen in ungewöhnliche Regionen sind das Steckenpferd von Ingrid und Günter Kuseschin: Diesmal hat sie ihr Land Rover nach Albanien geführt: Hier seine Erzählungen davon ...  
01.02.2008
Maximal 10 bis 15 km/h erlaubt die Schotterpiste nach Theth, einem kleinen Bergdorf in den albanischen Alpen im Nordosten des Landes gelegen, ohne dass man das Gefühl hat, dass sich das Auto in alle Teile auflöst. Ein erster Vorgeschmack auf die abenteuerlichen Straßenverhältnisse in den nächsten Wochen.

Nach dem Grenzübertritt in Sukobin von Monte Negro kommend (10 Euro sind an Einreisegebühr pro Person zu bezahlen), einem kurzen Badeaufenthalt am Shkodër-See und einigen Besorgungen in der Stadt ist dies die erste Tour in die wilde Berglandschaft des uns noch unbekannten Landes. Ein Gewitter kündigt sich an und wir verbringen die Nacht in einer kleinen Senke direkt neben der Straße, hoffend, dass sich das Wetter bessert und die grandiose Aussicht auf die Berge freigibt.

Wie sich noch zeigen wird, stellt das Übernachten in der freien Natur kein Problem dar, je nach Region findet man traumhafte Plätze, manchmal auch weniger schön gelegene oder sie sind mit Müll verschandelt; mit Ausnahmen muss man die Wiese jedoch oft mit Kühen, Schafen und Ziegen teilen. An gefassten Quellen gibt es immer wieder trinkbares Wasser, in den Küstenregionen ist man auf die Geschäfte, die Wasser verkaufen, angewiesen. Das Besorgen von Nahrungsmitteln ist ebenfalls unproblematisch, kleine Geschäfte und Märkte gibt es überall, Brot, Gemüse, Schafkäse und Obst sind vorzüglich, riesige Supermärkte mit ihrem Überangebot darf man sich allerdings nicht erwarten. Die Dichte an Bankomaten, um Geld abzuheben, ist dank Raiffeisen mehr als ausreichend, ebenso an Tankstellen, für die Kreditkarte findet man aber (außer im Hotel) kaum Verwendung.

Auch am nächsten Tag sind wir noch mit kleineren Regenschauern konfrontiert, über 2000 Meter Seehöhe gibt es noch Schneefelder, wir sind fasziniert von den steil aufragenden Berggipfeln und den tief einschneidenden Schluchten.

Kurz vor Theth werden wir von der Polizei zurückgepfiffen, sie will wissen woher wir kommen, wohin wir fahren, wie lange wir bleiben. Nachdem alles aufgeschrieben ist dürfen wir weiterfahren. Das Dorf selbst liegt weit verstreut, einige Ruinen größerer Gebäude sind sichtbar, teils sind die Steinhäuser verlassen, nur wenige noch bewohnt. In allen Bergregionen, die wir bereisen, gleicht sich dieses Bild. Die massive Landflucht verwundert nicht angesichts des kargen Lebens und fehlender Arbeitsmöglichkeiten sowie der mehrstündigen und mühseligen Fahrt zur nächstgelegenen größeren Stadt soweit überhaupt ein Fahrzeug zur Verfügung steht.

Bei der Rückfahrt übernachten wir auf einem schönen Wiesenplatz unweit eines Plateaus, wo wir am nächsten Morgen bei strahlendem Sonnenschein eine 360° Rundumsicht genießen.

Der nächste Tourenabschnitt wird uns von Komani mittels Fähre nach Fierzë in das Valbonëtal führen. Am Abend rätseln wir noch, wo sich denn nun der Anlegeplatz befindet, am nächsten Morgen klärt sich jedoch alles rasch auf. Wir frühstücken gehetzt und reihen uns in die inzwischen herankommenden Autos ein. Die Fahrt geht zur großen Brücke, hier heißt es eine Stunde warten, dann setzt sich die Kolonne von ca. 30 Wagen in Bewegung; die Straße führt den Berg hinauf, dann durch einen Tunnel und an dessen Ende liegt auch schon die nicht ganz vertrauenserweckende Fähre bereit. Ich protestiere noch gegen den mir zu hoch erscheinenden Betrag, wir bekommen wieder ein paar Hunderter zurück, der Preis sei aber schon gerechtfertigt, immerhin fahren wir einen Mercedes(!), so die Logik des Kartenverkäufers. Langsam rollen wir mit dem Defender auf das Deck, dann heißt es rasch aussteigen, denn nach wenigen Minuten ist das Auto so zugeparkt, dass ein Aussteigen nur mehr über eine Dachluke möglich wäre. So verbringen wir die zweistündige Fahrt am Oberdeck und lassen bei schönstem Sonnenschein die Landschaft auf uns wirken.

In Bajram Curri „leiht“ uns eine Mutter ihre zwei Kinder, die uns quer durch den Ort zur Bäckerei führen, die wir nicht finden konnten. Hat man erst einmal Kontakt zu den Menschen hergestellt sind sie mit wenigen Ausnahmen sehr freundlich, hilfsbereit und neugierig, wir können im Lauf der Reise einige Kontakte knüpfen und – soweit es die Sprachbarriere zulässt – interessante Gespräche führen. Hier im Ort fühlen wir uns jedoch nicht ganz wohl: Die Straßen sind ziemlich belebt, Dutzende Augenpaare sind auf uns gerichtet, wir werden von oben bis unten gemustert, teilweise blöd angequatscht. Wir haben den Eindruck, es ist weniger die Feindseligkeit als vielmehr die Neugier und das noch ungewohnte Bild ausländischer Touristen in dieser Gegend.

Unser Weg führt weiter Richtung Nordwesten, immer am türkisgrün schillernden Bach entlang, der auch Möglichkeit zum Abkühlen bietet. Die Straße steigt ständig, auf ca. 1.000 Meter Höhe liegt eine Ebene eingebettet zwischen schneebedeckten hohen Bergen. Es gibt eine Menge an wunderschönen Übernachtungsmöglichkeiten, wir verbringen hier zwei Tage und genießen die Stille und die Natur.

Richtung Süden fahren wir den gleichen Weg über Bajram Curri, anschließend nah der serbischen Grenze (Kosovo) über Krumë nach Kukës. Landschaftlich kann diese Region mit dem zuvor Gesehenen nicht mithalten; die Berge sind nicht mehr so hoch, es sind eher erdige Hügel, dazwischen immer wieder landwirtschaftlich genutzte Flächen, irgendwie lieblich jedoch nichts Außergewöhnliches. Südlich von Kukës gewinnt die Landschaft wieder an Reiz, es wird felsiger, die rotbraune Erde bildet einen schönen Kontrast zu dem satten Grün der Wiesen. Tief eingeschnitten liegt der Fluss Drin, dem wir entlangfahren.

Erstmals sind wir heuer mit einem Pocket-PC mit eingebautem GPS und der Software „Pathaway“ ausgestattet. Welch ein Unterschied zum bisher verwendeten unhandlichem Notebook! Die Karte ist einigermaßen genau, es plagen uns keine Unsicherheiten mehr bezüglich der angestrebten Route.

Über eine mehr als abenteuerliche Brücke überqueren wir am Talboden den Fluss, abwechselnd führt der Schotterweg einmal den Berg hinauf, fällt dann wieder auf Höhe des Flusses um schließlich wieder um einige hundert Meter anzusteigen.

Auf einer der Anhöhen nahe einem fast zur Gänze verlassenen Dorf schlagen wir unser Lager auf. Ein traumhafter Blick in die Schlucht des Drin, Bäume, die Schatten spenden und eine Wasserstelle machen den Platz perfekt. Der Ort würde sich als Aussteigerparadies anbieten, das notwendige Kleingeld zum sorgenfreien Leben vorausgesetzt. Man könnte sich eines der alten Steinhäuser herrichten und einmal für ein oder zwei Jahre fern des Alltags und jeglicher Verpflichtungen zurückgezogen leben. Wir träumen eine Weile so dahin, dann vervollständige ich meine Aufzeichnungen, Ingrid sitzt über unserer Bücherkiste, um sich ein neues Buch auszusuchen. So geben wir für die drei Männer, die vorbeikommen und sich an der Quelle erfrischen wohl ein recht komisches Bild ab: Da sitzen zwei Gestalten aus dem Ausland auf der Wiese, eine schreibend, eine lesend, und eine Kiste voller Bücher steht herum. Nach dem Rauchen der obligatorischen Zigarette und einer ziemlich stockenden Unterhaltung brechen die drei – wohl in anhaltendem Unverständnis über unser Tun - wieder auf.

Auf wirklich miserabler Straße setzt sich das Rauf und Runter am nächsten Tag fort, abermals übernachten wir auf einer Anhöhe direkt an einer Kreuzung. Den Verkehr, der am Abend noch einsetzt, haben wir unterschätzt. Wir glaubten uns auf einer kaum befahrenen Strecke, mehrere LKW am Abend und einige Sammeltaxis am nächsten Morgen belehren uns eines Besseren.

Diese so genannten Sammeltaxis sind ein weit verbreitetes und häufig benutztes Verkehrsmittel: Es sind Kleinbusse, die anscheinend jeden befahrbaren Winkel in Albanien anfahren, die Menschen zur Arbeit, zum Einkauf oder am Sonntag zum Ausflugsziel befördern.

Am Vorabend hatten wir noch die Möglichkeit ein langes Gespräch mit zwei jungen Albanern, einer von ihnen spricht englisch, zu führen. Die fehlende Perspektive aufgrund mangelnder Arbeitsmöglichkeiten im eigenen Land und die Schwierigkeiten in einem neuen Land Fuß zu fassen standen dabei im Vordergrund. Schmiergeldzahlungen für Papiere, um ins Ausland zu fahren, sind üblich. Im Ausland scheitert es dann an Aufenthaltsgenehmigungen und Arbeitsbewilligungen.

Die Einladung, die Nacht in ihrem Dorf zu verbringen, weil es „sicherer“ sei, schlagen wir aus.

Obwohl wir in den letzten Tagen immer in höheren Regionen unterwegs sind, setzt uns die Hitze ziemlich zu. Oft ist es auch schwierig, einen geeigneten Schattenplatz zu finden, große Bäume sind eher selten und wenn, stehen sie an unzugänglichen Stellen. Endlich überqueren wir den Qafa-Murrës, einen 960 Meter hohen Pass südlich des Nationalparks Lurës. Ein Mann mit einem Esel, dieser ist voll bepackt mit Eisenteilen, leistet uns zum Mittagessen, zu dem er sich quasi selbst eingeladen hat, Gesellschaft. Er baue die Teile aus nicht mehr verwendeten Maschinen des Steinbruchs aus und verkaufe sie in der Stadt.

Richtung Westen fahren wir bergabwärts, der Vorplatz eines verlassenen Häuschens in einer Kehre wird unser nächster Übernachtungsplatz, erstmals auf dieser Reise gibt es selbst gemachtes Fladenbrot.

Dunkle Wolken begleiten uns am nächsten Tag hinunter ins Tal nach Burrel. Nach dem obligatorischen Einkauf wollen wir nach Süden über den Qafa e Shtyllës, einem etwas über 1500 Meter hohen Pass, sind jedoch nach den bisherigen Erfahrungen mit den Straßenverhältnissen nicht sehr zuversichtlich, dass dieser auch befahrbar ist. Das Gegenteil jedoch ist der Fall: Anfangs ist es zwar recht holprig, aber mit jedem Kilometer wird die Straße besser, ein paar heikle Stellen gibt es zwischendurch, aber nichts wirklich Aufregendes. Zuerst geht es lang durch den Wald, schließlich fahren wir durch eine ausgedehnte Almenlandschaft, dazwischen immer wieder verfallene Gebäude. Am Pass angelangt suchen wir einen Platz, ein leicht mulmiges Gefühl begleitet uns in dieser Nacht, da abends noch ein Mann mit Gewehr vorbeispaziert, der anscheinend aber doch andere Interessen hat, als von uns befürchtet.

Eine lange Tagesetappe führt uns heute vom Pass hinunter nach Tirana, von dort nach Elbasan und dann bis zum Ochridsee. Wunderschön sind zuerst noch die Gebirgslandschaft und der Nationalpark vor den Toren der Hauptstadt. Je näher wir Tirana kommen, desto mehr Autos kommen uns entgegen; es ist Sonntag, allem Anschein nach zieht es die Großstädter auch hier in die Berge auf der Suche nach frischer Luft und Wasser. An unzähligen Wasserstellen rechts und links der Straße stehen Menschenschlangen und befüllen alle möglichen mitgebrachten Behälter mit dem frischen und kühlen Nass, welches in der Stadt anscheinend Mangelware oder von schlechter Qualität ist.

Die Hauptstadt durchqueren wir flott und dank gut ausgebauter Straße geht es zügig nach Elbasan. Zu Mittag lassen wir uns zur Abwechslung mal bedienen: In einer der unzähligen Gaststätten direkt an der Straße gibt es eine Riesenportion Hammelfleisch, gebratene Erdäpfel, Salat und als Abschluss Melone und Kaffee. Vorzüglich- sofern man es mag.

An der Tankstelle, an der laut Beschilderung „Visa“ akzeptiert wird, kratze ich mit Mühe den getankten Betrag aus allen Taschen zusammen, da es natürlich ein „Problem mit Telefon“ gibt, und die Kreditkarte keinen Cent wert ist.

Am Westufer des dunkelblauen Ochridsees (der östliche und weitaus größere Teil liegt in Mazedonien) finden wir mit einiger Mühe am Berg oben einen Platz zum Übernachten. Und wieder einmal vergeblich suche ich noch am Abend nach der Ursache des scheppernden und besorgniserregenden Geräusches an der Unterseite des Defenders, welches übrigens nach Beendigung der Reise ohne Zutun verschwindet.

Schon am Morgen ist es ziemlich warm, von Pogradec am Südufer des Sees fahren wir nach Korcë, einer lebhaften Stadt mit viel Verkehr und Menschengetümmel. Von hier aus machen wir einen Abstecher nach Voskopejë, einem herausgeputzten Ort mit vielen Hotels aber keinen Gästen. Vielleicht ist der Juni noch zu früh für betuchte Sommerurlauber, oder aber es wird auf den Winter gesetzt, obwohl uns keine Liftanlagen auffallen. Einige Kilometer hinter dem Ort treffen wir auf eine Kaserne, da und dort tauchen Soldaten auf und wir machen uns freiwillig aus dem Staub.

Am nächsten Tag besuchen wir Dardhë, einen kleinen, aus lauter Steinhäusern bestehenden Ort mit engen, steilen Gassen, südöstlich von Korcë gelegen. Die Nacht haben wir nach abenteuerlicher Anfahrt auf einem Hügel in der Nähe eines Sendemastes verbracht, wir genießen eine komplette Rundumsicht über Dutzende von Kilometern. In den nächsten Tagen ist etwas Schonung angesagt, ein fiebriger Infekt wird für einige Zeit mein Begleiter, bei den heißen Temperaturen tagsüber ist dies nicht sehr angenehm.

Es zieht uns weiter nach Süden, die Landschaft ist bestimmt durch Weide- und Wiesenflächen, auch bewaldete Gebiete werden häufiger. Die griechische Grenze im Osten ist nah, auch sprachlich merkt man den griechischen Einfluss. Und eines fällt besonders auf: Die Straßen sind hier im Südosten des Landes besser ausgebaut, es gibt oft Beschilderungen, insgesamt liegt weniger Müll in der Gegend, in den Ortschaften finden sich Mülltonnen, die auch als solche verwendet werden.

In Permët angelangt vergleichen wir die digitale mit der Papierlandkarte; am Papier ist eine Straße über den Gebirgszug im Westen eingezeichnet, der uns von Gjirokastër trennt, die digitale Karte schweigt sich darüber aus und behält Recht. Mit freiem Auge ist auch keine Straße zu erkennen und die Nachfrage bei einem Einheimischen gibt uns Gewissheit: Wir müssen weiter nach Norden bis zum nächsten Taleinschnitt und dann wieder nach Süden nach Gjirokastër, in die „Stadt der Steine“, wie sie aufgrund ihrer vielen mit Stein bedeckten Häusern genannt wird. Ein Rundgang durch die Stadt und der Besuch der Burg wären sicher reizvoll, uns „zwingt“ die Hitze jedoch in den kühlen Schatten einer Kaffeebar.

Wir freuen uns schon auf das Baden im Meer und die damit verbundene Abkühlung. Für die Anfahrt nach Sarandë wählen wir von den zwei möglichen Straßen die schlechtere, aber ein bisschen Abenteuer muss noch sein, bevor wir uns für drei Tage dem Luxus eines klimatisierten(!) Zimmers in einem kleinen Hotel direkt am Meer hingeben.

Die Stadt ist voll von Badetouristen (deutsch sprechende bilden noch die Minderheit), die Strandpromenade unterscheidet sich mit ihrem lebendigen Treiben durch nichts mehr von den Städten anderer Mittelmeerländer. Jeder Quadratmeter wird baulich genutzt und ein Hotel nach dem anderen wird aus dem Boden gestampft. Abends blicken wir von unserem Balkon hinüber nach Korfu, das ja nur wenige Kilometer entfernt liegt. Korfuurlauber nützen immer öfter das Angebot per Tragflügelboot zumindest für einige Stunden das „unheimlich billige, aber immer noch so unsichere Albanien“ zu besuchen. So zumindest der Wortlaut einiger Befragten in einem Radiobericht über Albanien, welchen wir zufälligerweise nach Beendigung unserer Reise im Radio hören. Preislich ist Albanien für uns natürlich noch ein sehr günstiges Land, meist ist es jedoch üblich, von „ausländischen Touristen“ den 3- bis 4-fachen Betrag, den Einheimische bezahlen, zu verlangen. So zumindest bei den Hotel- und Eintrittspreisen.

Wir nutzen die Tage zum Faulenzen am Strand und ausgiebigem Baden (das macht die hohen Temperaturen erträglich) und natürlich für einen Ausflug nach Butrint, einer Ruinenstätte und wohl der berühmtesten kulturellen Sehenswürdigkeit des Landes. Es wird hier noch fleißig ausgegraben, wir brauchen drei Stunden für den Rundgang. Am Ende nehmen wir noch an einer elendslangen schriftlichen Befragung des Tourismusverbandes teil, der mehr über die Besucher Albaniens erfahren will: Zum Lachen bringen uns dabei die Einkommenskategorien, die weit über die Durchschnittseinkommen westeuropäischer Länder hinausgehen. Entweder bestehen hier so falsche Vorstellungen oder es sollen nur mehr die „oberen Zehntausend“ angesprochen werden.

Nach diesen „Ruhetagen“ tauschen wir das klimatisierte Zimmer wieder gegen den Sternenhimmel ein. Eine kleine Bucht nördlich von Sarandë wird in den nächsten Tagen unser zu Hause. Die Straße dorthin ist in einem unbeschreiblich schlechten Zustand, dennoch ist der Strand am Wochenende dicht von Einheimischen bevölkert, abends wird es wieder leer und am Montag gehört uns die Bucht allein.

Die Zeit ist wieder einmal im Flug vergangen und für uns bricht schon die vierte und letzte Woche herein; ab nun werden wir uns möglichst in Küstennähe Richtung Norden bewegen. Noch gibt es genügend frei zugängliche und unverbaute Strände, doch Albanien wird es nicht anders ergehen als Jahrzehnten zuvor anderen Ländern mit Zugang zum Meer. Das schnelle Geld winkt und immer mehr Regionen werden in den dicken Katalogen diverser Reiseanbieter auftauchen. Hotels sind schnell gebaut, die Korruption wird helfen sich über schon bestehende oder gerade entstehende Auflagen hinwegzusetzen.

In der Nähe von Borsh kommen wir durch Zufall auf den wohl sichersten Übernachtungsplatz dieser Reise: Nach Vermittlung des Leiters eines christlichen Kinderferienlagers dürfen wir uns in den an das Lager angrenzenden Hof der Polizeistation stellen! Es gibt fließendes Trinkwasser und liegt nur 30 Meter vom Strand entfernt. Was will man mehr!

Porto Palermo, Himare und Dhërmi liegen am Weg, da und dort besuchen wir noch (mitunter) menschenleere Strände, die toll ausgebaute Straße über den Llogara-Pass führt uns wieder etwas ins Landesinnere. Die Zeit ist schon zu weit fortgeschritten um uns nach einem passenden Schlafplatz in freier Natur umzusehen und so beziehen wir eine der Hütten, die zur Vermietung angeboten werden. Ein Fehler wie sich herausstellen wird: Das nächtliche Getrippel und Kratzen der Mäuse lässt wenig Schlaf zu, der Gedanke an den Skorpion, den ich abends noch im Bad zertrete, und von dem ich Ingrid erst am nächsten Tag erzähle, trägt das Seine bei.

Auf autobahnähnlicher Straße erreichen wir Vlorë und dann die Hafenstadt Durrës. Der Nordwesten des Landes bietet landschaftlich wenig Reizvolles – er wird vorwiegend landwirtschaftlich genutzt - und wie bei der Einreise nutzen wir Sukobin zum Grenzübertritt.

In Monte Negro tummeln sich Menschenmassen an den Stränden, dass wir es kaum fassen können. Welch paradiesische Zustände hatten wir doch diesbezüglich in Albanien vorgefunden.

Natürlich gibt es auch negativen Seiten: Albanien ist ein wirtschaftlich armes Land mit all den Auswirkungen auf die Bevölkerung, Korruption herrscht vor, und die albanische Mafia spannt ihr Netz über ganz Europa. Umweltbewusstsein, deutlich sichtbar an der Müllproblematik, ist praktisch nicht vorhanden.

Und trotzdem: Zu Hause angelangt hat der Defender 3.500 Kilometer mehr am Buckel und wir die schönsten Eindrücke im Kopf. Das kleine Land bietet tolle Gebirgslandschaften, beeindruckende Schluchten und Täler, (noch) einsame Badestrände und man findet freundliche und aufgeschlossene Bewohner. Und als Geländewagenfahrer muss man nicht lange suchen sein Gefährt so zu bewegen, wofür es auch gebaut wurde: Für schlechte Wege und abseits davon.

Text und Fotos: Dr. Günter Kuseschin

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Text und Fotos: Dr. Günter Kuseschin





 
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